Best of Wien: Vier gewinnt

Kulinarischer Ausnahmezustand im Hangar-7. Mit Heinz Reitbauer, Markus Mraz, Paul Ivić und Silvio Nickol präsentiert sich die Haute Cuisine Wiens in Salzburg.
März 15, 2017 | Text: Marion Wolf | Fotos: Helge Kirchberger/Red Bull Hangar-7

Hangar-7-Patron Eckart Witzigmann (3. v. re.) eingerahmt von Tian-Chef-Pâtissier Thomas Scheiblhofer, Lukas und Markus Mraz, Steirereck-Sous-Chef Andreas Stotter und Heinz Reitbauer (v. li. n. re.)

Die österreichische Köchelite in einem Menü

Vier geniale und doch so unterschiedliche Wiener Köche in einem Menü vereint. Alle mit dem Anspruch, ihre Philosophie in Geschmack und Ästhetik als Gesamtkunstwerk auf den Teller zu bringen. Wenn einer weiß, wie sich das umsetzen lässt und man gleichzeitig jedem Herdvirtuosen gerecht wird, dann Martin Klein, Executive Chef im Hangar-7 in Salzburg. Der Aufwand für einen Gastkoch, der jeweils einen Monat mit seiner Küche im Restaurant Ikarus gastiert, scheint schon enorm. Wie mag es dann für die Restaurant-Ikarus-Mannschaft am 1. März zugegangen sein, als gleich vier aus der Sterneköche-Riege names Paul Ivić aus dem Restaurant Tian, Heinz Reitbauer aus dem Steirereck, Markus Mraz von Mraz und Sohn sowie Silvio Nickol aus dem Palais Coburg zum Gastkochwechsel vor Ort waren? Die Restaurant-Ikarus-Brigade ist ein Meister darin, sich jeden Monat auf eine neue Küchenphilosophie einzustellen – auch wenn sie diesmal platzende Schokoladenballons oder zu kleine Brote vor wieder einmal neue Herausforderungen stellten. Martin Klein gibt einen Einblick in den kulinarischen Ausnahmezustand hinter dem Menü „Best of Wien“.

Die österreichische Köchelite in einem Menü

Vier geniale und doch so unterschiedliche Wiener Köche in einem Menü vereint. Alle mit dem Anspruch, ihre Philosophie in Geschmack und Ästhetik als Gesamtkunstwerk auf den Teller zu bringen. Wenn einer weiß, wie sich das umsetzen lässt und man gleichzeitig jedem Herdvirtuosen gerecht wird, dann Martin Klein, Executive Chef im Hangar-7 in Salzburg. Der Aufwand für einen Gastkoch, der jeweils einen Monat mit seiner Küche im Restaurant Ikarus gastiert, scheint schon enorm. Wie mag es dann für die Restaurant-Ikarus-Mannschaft am 1. März zugegangen sein, als gleich vier aus der Sterneköche-Riege names Paul Ivić aus dem Restaurant Tian, Heinz Reitbauer aus dem Steirereck, Markus Mraz von Mraz und Sohn sowie Silvio Nickol aus dem Palais Coburg zum Gastkochwechsel vor Ort waren? Die Restaurant-Ikarus-Brigade ist ein Meister darin, sich jeden Monat auf eine neue Küchenphilosophie einzustellen – auch wenn sie diesmal platzende Schokoladenballons oder zu kleine Brote vor wieder einmal neue Herausforderungen stellten. Martin Klein gibt einen Einblick in den kulinarischen Ausnahmezustand hinter dem Menü „Best of Wien“.
Eine ähnliche Challenge bot sich im Juli 2016 mit dem Menü zu Ehren von Eckart Witzigmanns 75. Geburtstag, zu dem gleich sechs Köche jeweils einen Gang beisteuerten. „Wenn jeder nur einen Gang hat, dann ist es aufgeräumt. Da hat man sechs Mal eine Baustelle, jetzt hatten wir vier Mal drei Baustellen. Wenn du den Saibling von Heinz Reitbauer hast, dann kommen noch zwei andere wichtige Gerichte von ihm. Also der Witzigmann-Monat war in der Umsetzung definitiv leichter“, ordnet Martin Klein den Schwierigkeitsgrad der aktuellen Gastköche ein. Dennoch war der Reiz da, die österreichische Kochelite zu repräsentieren – jedoch ohne sich dabei in die Nesseln zu setzen. Und die waren breit gestreut.

Hangar-7-Patron Eckart Witzigmann (3. v. re.) eingerahmt von Tian-Chef-Pâtissier Thomas Scheiblhofer, Lukas und Markus Mraz, Steirereck-Sous-Chef Andreas Stotter und Heinz Reitbauer (v. li. n. re.)

Die Hauptstadt in zwölf Highlights

Nur einen Österreicher auszuwählen, hätte bedeuten können, dass Gäste mit einem durchaus verständlichen Argument fernbleiben: Warum soll ich in den Hangar gehen, wenn ich nicht weit entfernt das Original bekommen kann? Deshalb Martin Kleins Überlegung, etwas Besonderes zu bieten, das es so nicht in Österreich und vor allem nicht in Wien gibt. „Wir haben gesagt, wir haben viele Freunde in Österreich. Wen nimmst du, wen nimmst du nicht? Wir haben an die Obauers gedacht und an Heinz Reitbauer und an andere Leute rechts und links der Großstädte. Irgendwie machst du dir immer Feinde.“ Deshalb fiel die Entscheidung auf die Besten in Wien.

Wir wussten, dass es kein Spaziergang wird – mit vier Mal drei Baustellen.
Martin Klein war sich der Challenge mit vier Sterneköchen bewusst.

Anders als bei den meisten seiner Gastkochreisen nach Indien, Asien oder in die USA hat Martin Klein mit der österreichischen Hauptstadt die wahrscheinlich kürzeste Anreise seiner bisherigen Hangar-7-Zeit. Und trotzdem eine ebenso aufregende Reise, begleitete ihn doch der Patron himself, Eckart Witzigmann. „Das haben wir eigentlich nie. Wir haben das gemeinsam gemacht, weil Eckart Witzigmann erstens ein Österreicher ist, zweitens, weil er gerne auch mal in Wien sein wollte und drittens, weil ich ihn auch gerne mal dabeihabe.“ Was sich natürlich auch auf den Empfang in Wien auswirkte: „Ich werde immer sehr gut umsorgt, aber wenn du den Grand Chef, den Jahrhundertkoch, im Schlepptau hast, umso mehr.“ An jeweils einem Tag besuchten der Executive Chef und der Patron Silvio Nickol, Paul Ivić, Markus Mraz und Heinz Reitbauer, die an diesem Tag extra ihre drei Gerichte für das Menü vorkochten, damit Martin Klein alle Arbeitsschritte für seine Mannschaft fotografieren und dokumentieren konnte. Paul Ivić sperrte für diesen Anlass sogar sein sternegekröntes vegetarisches Gourmetrestaurant Tian zu.

Produktauswahl mit Raffinessen

Mit Heinz Reitbauer besuchten Witzigmann und Klein die Orangerie der kaiserlichen Schlossgärten, da in den Gerichten des Zweisterners, wie „Flusskrebs – Melanzani, Kokos, Schönbrunner Zitronenblatt“, Zitrusfrüchte immer wieder eine wichtige Rolle spielen. Den Bedenken des Hangar-7-Executive-Chef, diese Produkte außerhalb ihrer Saison zu bekommen, nahm Reitbauer sogleich den Wind aus den Segeln. Alles, was monatelang reifen muss oder nur zu einer bestimmten Jahreszeit hergestellt wird, hatte er bereits in seiner hauseigenen Produktionsküche für das Hangar-7-Gastspiel vorbereiten lassen.
Bei einem Österreich-Heimspiel sollte man meinen, dass die Produktauswahl ein Leichtes gewesen wäre, aber weit gefehlt. „Es ist schon so, dass jeder seinen kleinen Lieblingslieferanten hat.“ Details, für die bei einem Gastkoch vom anderen Ende der Welt oft Alternativen gefunden werden müssen. Aufgrund der Nähe konnten sie hier ins Warenrepertoire des Hangar-7 aufgenommen werden, was die Logistik jedoch nicht leichter machte. „Silvio Nickol hat uns zum Beispiel einen Metzger empfohlen, von dem er seinen besonderen Schweinebauch mit der gewissen Stärke kriegt, weil er mit einem anderen Schweinebauch nicht zufrieden ist“, so Martin Klein.

"Entenleber – Pilz | Tannenwipfel | Schokolade" von Silvio Nickol

So komplex die Vorbereitung, so leicht gestaltete sich überraschenderweise die Konzeption des Menüs. Dafür ließ sich der Executive Chef von jedem der vier Sterneköche fünf Gerichtevorschläge schicken, von denen er sich drei aussuchte, um eine zwölfgängige Menüfolge ohne Wiederholungen zusammenstellen zu können. „Man hat schon einen gewissen Druck bei den Köchen gemerkt. Jeder hat drei Gerichte gebracht, die so richtig pfeifen. die auch sehr aufwendig sind, sehr viel Technik und sehr viel Wissen mitbringen“, beschreibt er das Niveau und den Perfektionismus hinter dem „Best of Wien“-Menü. Ein Novum stellt auch die Auswahl in den Hauptkomponenten – mit Entenstopfleber, Kalbsbries und Kalbshirn – dar. Eine solche Dichte an Innereien, ungewöhnlich für das Restaurant Ikarus und gleichzeitig eine bewusste Herausforderung für den Gast. Umgesetzt in den Gerichten „Entenleber – Pilz, Tannenwipfel, Schokolade“ (Silvio Nickol), „Kalbsbries – Karfiol, Ananas-Salsa, Kaviar“ (Markus Mraz) und „Kalbshirn – Mispelkerne, Senfgurken, Heiden“ (Heinz Reitbauer).

Die Tücken von Mise en place & Co.

In der Umsetzung stellte jeder der vier Spitzenköche die Hangar-7-Mannschaft gleichermaßen handwerklich auf die Probe. Das Entenleber-Gericht von Silvio Nickol beispielsweise brachte einen Mise-en-place-Aufwand mit sich, der seinesgleichen sucht. Als eine Assoziation von Wald in einer hohen Glasschale angerichtet, kombiniert der 2-Sterne-Koch eine Komponentenvielfalt aus roh marinierter Entenleber, Ententerrine, dunklem, intensivem Pilzgelee, einem Crumble aus geröstetem Mehl mit Steinpilzöl, Steinpilzcreme und -pulver, Tannenwipfelgelee, Schokoladenspänen und Kräutertagetesblüten zu einem Kunstwerk.
„Der nächste sehr schwierige Part ist der Saibling im Bienenwachs von Heinz Reitbauer, da ist das Timing so schwer.“ Entscheidend: die Zusammenarbeit zwischen Küche und Service. Denn der Fisch muss bereits zwei Gänge vorher geschickt werden, da er am Tisch angegossen wird und dann zwölf bis 15 Minuten Garzeit benötigt. Anschließend kommt der Saibling zurück in die Küche, um ihn vom Wachs zu befreien und auf dem Teller anzurichten. Technisch das meiste Feingefühl verlangte sicher das Dessert von Tian-Chef-Pâtissier Thomas Scheiblhofer, eine ganz dünne Schokoladenkugel, die am Tisch angegossen wird. „Diesen Ballon richtig herzustellen, ist wirklich eine Mordsarbeit“, weiß Martin Klein um den Sisyphusakt. Eine kleine externe Küche, die eine gewisse Luftfeuchtigkeit und Temperatur hat, haben sie für die Schokoladenarbeiten extra eingerichtet. „Bei jedem 20. Ballon platzt einer. Wenn meine Pâtissiers 60 bis 80 davon für den Tag vorbereiten, dann kann ich die Pâtisserie mit dem Hochdruckreiniger sauber machen, weil die Schokolade bis in die letzte Ritze spritzt.“

So schwierig die Vorbereitung war, umso schöner war die Umsetzung. Da war keine Diva und kein Superstar dabei.
Martin Klein lobt die Harmonie unter den Kollegen.

Und bei Markus Mraz’ „Black Cod – Kohlsprossen, Erdnuss, Périgord-Trüffel“ schien es hingegen nur eine Kleinigkeit – jedoch mit Tücken. Große Schwierigkeiten bereitete dem Team, das richtige Brot für den Brotring in Form eines dünnen, knusprigen Rings für den Black Cod zu bekommen. „Vielleicht haben wir früher in der Schule nicht genug aufgepasst“, scherzt Klein. „Wenn du einen Durchmesser von acht Zentimetern für den Ring brauchst, muss das Brot 25 Zentimeter lang sein. Unseres hatte am ersten Tag nur 22 Zentimeter.“ Alles Probleme, die aber innerhalb kürzester Zeit behoben werden konnten.
Und so spielt das Menü rund um die besten Köche Wiens bewusst mit Brüchen und Kontrasten, so Martin Klein. „Bei einem Gang isst der Gast Markus Mraz und beim nächsten Silvio Nickol. Da wir so ein großes Menü mit drei Gerichten von jedem präsentieren, erkennt man wirklich die Handschrift eines jeden einzelnen Kochs.“ Und das erlaubt einen Ausflug in die Küchenphilosophie von Paul Ivić, Silvio Nickol, Markus Mraz und Heinz Reitbauer zugleich.
www.hangar-7.com

Rezepte:

„Frühlingserwachen – Zitrusfrüchte | Wasabi | Rübe“ von Sternekoch Paul Ivić aus dem Restaurant Tian
„Kalbsbries mit Karfiol und Ananas-Salsa“ von 2-Sterne-Koch Markus Mraz aus dem Restaurant Mraz und Sohn

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