Rohmilch im Blut

Auf der Jagd nach dem echten Genuss: Käseflüsterer Bernard Antony veredelt die weltbesten Käse. Seine Geheimnisse, seine Tipps.
November 13, 2015

der Käseveredler, Bernard ­Antony Ich, ein Käsepapst? Nein, nein, es gibt doch nur einen Papst – ich bin nur ein Diener des Käses.“ Zu viel der Bescheidenheit. Als weltbester Affi­neur wird er gepriesen, andere nennen ihn ehrfurchtsvoll Käseflüsterer. Trifft man Maître Bernard ­Antony auf der Straße, könnte man ihn einfach für einen freundlichen älteren Herrn mit Manschettenknöpfen halten. Seine Leidenschaft für Käse ist legendär, in seinen Adern muss wohl Rohmilch fließen. Von seinem kleinen „Käs-Kaller“ im Miniort
Vieux-Ferrette im Elsass trat er den weltweiten Siegeszug an. Dabei begann er als Fabriksarbeiter und fuhr später mit einem Gemischtwarenladen durchs Land. 1978 führte ihn schließlich sein großer Meister Pierre Androuët in die Welt der Affineure ein. Und Bernard Antony hat perfekt gelernt. Der Elsässer beherrscht die Kunst, den Reifungsprozess optimal zu steuern, wie kaum ein anderer. Er umsorgt seine Meisterwerke zärtlich und liebt sie wie Frauen, die er mit seinen Käsen vergleicht. Ein gelungener Blauschimmel erinnert ihn an Greta. „Sie war wunderschön, aber sehr temperamentvoll und streng.“ Seine Frauenschöpfungen sind mittlerweile so begehrt, dass sich Bernard Antony seine Klientel aussuchen kann: Fast nur Könige und die meisten Dreisterneres­taurants, denen Kochlegenden wie die Brüder Haeberlin und Alain Ducasse vorstehen.
Ein glühender Revolutionär war Bernard Antony, der sich gegen alle Regeln ausschließlich dem Rohmilchkäse verschrieb. Beim Pasteurisieren verliere ein Käse seinen besonderen Charakter. „Pasteurisierter Käse“, sagt Antony, „ist wie ein kastrierter Mann.“ In ganz Frankreich ist er auf der Suche nach den perfekten Rohmilchkäseproduzenten und trifft manchmal auch auf Bauern, die nur eine einzige Kuh haben, aber gerade von dieser ist die Milch besonders gut. Alles spielt eine große Rolle…

Bernard Antony, der Kaeseveredeler mit einem zweiten Herren und einem Kaeserad Ich, ein Käsepapst? Nein, nein, es gibt doch nur einen Papst – ich bin nur ein Diener des Käses.“ Zu viel der Bescheidenheit. Als weltbester Affi­neur wird er gepriesen, andere nennen ihn ehrfurchtsvoll Käseflüsterer. Trifft man Maître Bernard ­Antony auf der Straße, könnte man ihn einfach für einen freundlichen älteren Herrn mit Manschettenknöpfen halten. Seine Leidenschaft für Käse ist legendär, in seinen Adern muss wohl Rohmilch fließen. Von seinem kleinen „Käs-Kaller“ im Miniort
Vieux-Ferrette im Elsass trat er den weltweiten Siegeszug an. Dabei begann er als Fabriksarbeiter und fuhr später mit einem Gemischtwarenladen durchs Land. 1978 führte ihn schließlich sein großer Meister Pierre Androuët in die Welt der Affineure ein. Und Bernard Antony hat perfekt gelernt. Der Elsässer beherrscht die Kunst, den Reifungsprozess optimal zu steuern, wie kaum ein anderer. Er umsorgt seine Meisterwerke zärtlich und liebt sie wie Frauen, die er mit seinen Käsen vergleicht. Ein gelungener Blauschimmel erinnert ihn an Greta. „Sie war wunderschön, aber sehr temperamentvoll und streng.“ Seine Frauenschöpfungen sind mittlerweile so begehrt, dass sich Bernard Antony seine Klientel aussuchen kann: Fast nur Könige und die meisten Dreisterneres­taurants, denen Kochlegenden wie die Brüder Haeberlin und Alain Ducasse vorstehen.
Ein glühender Revolutionär war Bernard Antony, der sich gegen alle Regeln ausschließlich dem Rohmilchkäse verschrieb. Beim Pasteurisieren verliere ein Käse seinen besonderen Charakter. „Pasteurisierter Käse“, sagt Antony, „ist wie ein kastrierter Mann.“ In ganz Frankreich ist er auf der Suche nach den perfekten Rohmilchkäseproduzenten und trifft manchmal auch auf Bauern, die nur eine einzige Kuh haben, aber gerade von dieser ist die Milch besonders gut. Alles spielt eine große Rolle: die Kräuter-Gräser-Mischung, die Gegend, dass kein Kunstdünger im Futter der Kühe ist, dass sie kein Silofutter bekommen, und im Winter natürlich auch nur Heu – und alles aus sehr kleinen Betrieben. Wer Käse für den Maître herstellen will, muss seine Auflagen erfüllen. Auch was die Anzahl der Tiere betrifft. Mehr als 200 Ziegen auf einem Hof toleriert er nicht – da kennt er nichts. Rund 45 kleine Zulieferer versorgen ihn nun mit dem Stoff für rund 150 verschiedene Sorten, die in seinen Kellern lagern. Dass Rohmilchkäse im normalen Handel so schwer zu bekommen ist, sei die Schuld der Konsumenten. „Man muss gute Produkte suchen und auch etwas mehr Geld für sie ausgeben.“
Der Faktor Zeit ist für Bernard Antony ganz wesentlich. „Meine Hartkäse sind bis zu vier Jahre alt. Das ist eben die Zeit, die man braucht, um einen so guten Käse zu machen.“ Und so wie beim Gemüse entscheidet auch die Jahreszeit über das Käseangebot. „Bei mir kann man nicht kaufen, was man will, man muss immer nehmen, was im Moment gerade gut ist. Die Hartkäse nur vom Frühjahr bis zum Herbst und im Januar oder Februar hab ich gar keine Ziegenkäse, weil die Ziegen im Mutterschaftsurlaub sind.“
Zu Käse muss auch ein harmonierender Wein serviert werden. Zu frischem Ziegenkäse passt ein junger, trockener Riesling, zu einem älteren dagegen ein San­cerre. Munster und Gewürztraminer-Spätlese bilden ein perfektes Paar genauso wie ein leichter Bordeaux und Kuhmilchkäse – zum Beispiel Brie oder Camembert. Milde Blauschimmelkäse brauchen eine Grauburgunder-Spätlese, kräftige Blauschimmelkäse wie Roquefort eine im Barrique ausgebaute Trockenbeerenauslese vom Grauburgunder oder einen Sauternes. Hartkäse wie Gruyère wird durch einen reifen Riesling gut ergänzt, zum Comté aus dem Jura passt Savagnin (lokale Bezeichnung für Traminer).
Man sollte nicht mehr als 15 Käsesorten im Restaurant anbieten, mehr wäre von der Lagerung her nicht möglich. Und servieren sollte man Käse ganz ohne Schnickschnack wie Chutneys, Senf oder Trauben. „So etwas ist totaler Blödsinn, nur für Leute, die keinen Geschmack haben. Da kann man gleich Kaviar mit Ketchup essen. Wenn man einfachen Käse aufbessern will, ist das aber okay …“ Und wenn schon Brot, dann nur einfaches Holzofenbrot ohne Butter. Käse kommt für Bernard Antony auch nicht zum Schluss eines Menüs, sondern vor dem Dessert. Die Rinde schneidet man prinzipiell weg. „Sie ist wie das Kleid einer Dame. Man muss es ausziehen, um an das Gute zu kommen.“

>> Lagerung

Kühlschrank oder Keller – wie hält Käse am besten?
Ein kühler, feuchter Keller ist für die Lagerung von Käse optimal, aber wer hat noch diese Möglichkeiten? Daher empfiehlt sich die Lagerung im Kühlschrank im Gemüsefach. Die Haltbarkeitsdauer variiert natürlich und hängt von der Käseart ab. Generell halten Weich- und Frischkäse im Kühlschrank einige Tage, Schnitt- und Hartkäse eine Woche und länger. Ideal ist eine Lagertemperatur zwischen 8 und 15° C, für längere Lagerung sollte die Temperatur zwischen 4 und 6° C betragen. Wichtig ist, dass keine Temperaturschwankungen auftreten, da dem Käse sonst Feuchtigkeit entzogen wird. Einfrieren sollte man Käse nur in Ausnahmefällen, der Reifungsprozess wird sonst unterbrochen. Am besten überstehen noch Schnitt- und Hartkäse den Kälteschock. Während der Lagerung muss der Käse so geschützt sein, dass er nicht austrocknet, aber trotzdem atmen kann. Bernard Antony empfiehlt, den Käse in einem alten Leinentuch aufzubewahren. Andere Experten bevorzugen, die Schnittfläche mit Folie abzudecken. Weichkäse sollten in Pergamentpapier lagern.

>> Servieren

Mit welcher Temperatur serviert und wie präsentiert man Käse? Der Käse muss früh genug aus dem Kühlschrank, bei Raumtemperatur kann er erst sein Aroma entfalten, allerdings sollte er 18° C nicht überschreiten. Stellen Sie sich Ihre Käseplatte als Zifferblatt einer Uhr vor. Beginnen Sie bei 6 Uhr und bauen Sie die Käsesorten von mild bis würzig im Uhrzeigersinn auf. Achten Sie darauf, dass die Spitzen der Käsestücke zum Gast zeigen, die Spitzen sind milder im Geschmack. Bieten Sie eine Auswahl von mild bis herzhaft an. Man beginnt mit Frischkäse, geht weiter zu Weichkäse bis zu würzigem Schnittkäse. Der Reifegrad des Käses und der Säure- und Tanningehalt des Weins bestimmen, wie gut Käse und Wein zusammenpassen. Als Grundregel kann man sagen: Säurereiche Weine passen gut zu salzigen Käsen, Weine mit hohem Tanningehalt vertragen sich generell weniger gut mit Käse. Rotweine hält man für den besten Begleiter, liebliche Weißweine harmonieren aber auch sehr gut.

Abbildung eines Roquefort kaesesRoquefort
Blauschimmel
Die Penicillium-roque­orti-Kultur, die früher natürlich wuchs, wird nun in Pulverform auf den Käsebruch gestreut. Während der Reifung von 3 bis 9 Monaten wird der Käse pikiert. Durch diese Kamine wird Sauerstoff in den Teig gebracht, damit sich die Kultur entwickelt. Der Geschmack ist cremig, salzig, süß und scharf zugleich – passt zu Nüssen, Feigen, Sauterne oder Portwein.

Cacciocavallo- ein kugelfoermiger kaese Cacciocavallo
Filatakäse
Der Pasta-Filata-Käse wird wie Mozzarella handgezogen und aus Kuh-, selten auch Büffelmilch gefertigt. Der Käse reift drei Monate bis zwei Jahre. Fast reinweiß und glatt ist der junge Käse, durchdrungen von zarten Gerüchen und Aromen der Weiden. Gereift ist er pikant, trocken, körnig – und ideal zum Reiben. Gut mit einem süditalienischen Rotwein, z. B. einem Primi­tivo oder Ciro.

Cantal-ein Hartkaese aus rohmilchCantal
Hartkäse
Es gibt zwei Arten: den Fermier aus Kuhrohmilch, auf den Sommeralpen der Auvergne hergestellt, und den Laitier, das ganze Jahr über aus pasteurisierter Milch. Cantal gibt es als „jeune“ (1–2 Monate gereift), „entre-deux“ (2–6 Monate) oder vieux (über 6 Monate). Passt gut zu einem Cote d‘Auvergne.

Allgäuer BergkäseAllgäuer Bergkäse
Hartkäse
Wird auf traditionelle Weise in Molkereien oder auf Sennhütten aus Kuhrohmilch, aber nur im Sommer hergestellt. Die 4 bis 16 Monate dauernde Reifung beginnt auf dem Berg und setzt sich im Tal fort. Der deutsche Käse der Vollfettstufe hat ein vielschichtiges Aroma, das an Karamell, Haselnuss und Frucht erinnert, sahnige Note im Abgang.

Époisses de BourgogneÉpoisses de Bourgogne
Rotkultur
Cremiger Käse aus Burgund, der aus roher Kuhvollmilch hergestellt wird. Auffällig ist sein ausgeprägtes, durchdringendes Aroma, bei dem der Marc de Bourgogne hervorsticht. Mit diesem – vermischt mit Salzlake – werden die Laibe während der Reifung abgerieben. Mit Burgunder, Marc, Sauternes oder kräftigem Weißwein servieren.

Manchego-ein spanischer Schafkaese mit violetter RindeManchego
Hartkäse
Der bekannteste und wichtigste Schafkäse Spaniens. Im Geschmack gehaltvoll, vollwürzig, leicht salzig und je nach Reifedauer mehr oder weniger pikant. Die Reifezeit kann bis zu einem Jahr und mehr betragen. Nur wenige Tage alter Manchego wird als „fresco“ bezeichnet, wenige Wochen gereifter als „semifresco“ und 1 bis 2 Monate alter als „tierno“. Am besten mit einem Rioja.

MunsterMunster
Rotkultur
Wie vor Generationen sammeln die Bauern für den Munster die Morgen- und die Abendmilch der Kühe. Er reift eine Woche und wird dann in einem kühlen, feuchten Keller neben ältere Munster gelegt und übernimmt deren Rindenflora. Die Reifung dauert 1 bis 3 Monate. Sehr würziger Käse mit blumigem Duft in der Rohmilchversion. Passt zu Gewürztraminer, Pinot Noir oder Shiraz.

Saint-­Marcellin - ein weichkaese mit schimmelSaint-­Marcellin
Weichkäse mit Edelschimmel
Früher aus Ziegenmilch hergestellt, heute wird er vorwiegend aus Kuhmilch gemacht. Der runde Käse mit faltiger Rinde und weißem oder blauem Schimmel reift 2 bis 6 Wochen. Der Teig ist cremig, riecht nach Nuss und präsentiert sich im Geschmack delikat säuerlich nach Hefe oder Frucht.

Brie de MelunBrie de Melun
Weichkäse mit Edelschimmel
Der kleine Bruder des Brie de Meaux wird in derselben Region östlich von Paris hergestellt. Der Melun reift 7 bis 10 Wochen auf Strohmatten in Holzregalen. Ein gereifter Käse ist sahnig und cremig, mit kräftigem Fruchtaroma und leicht salzigem Nachgeschmack. Am besten dazu einen schweren, roten Burgunder servieren.

Banon- ein Ziegenkaeserad Banon
Ziegenkäse
Der Ziegenkäse aus der Provence wird mit Kastanienblättern umhüllt. Die Reifung dauert zwei Wochen, dann wird der Käse in Eau-de-vie getaucht und altert weiter in Kastanienblättern. Sein Aroma erinnert an Milch, im Abgang an Kastanie, dazu ein gekühlter Côte de Provence oder Marc de Bourgogne.

Brin d’amourBrin d’amour
Schafkäse
Stammt aus Korsika, wo er aus roher Schafmilch von Hand hergestellt wird. Rosmarin, Thymian, Koriandersamen und Bohnenkraut auf der Rinde verleihen ihm sein Aroma. Er reift mindestens 30 Tage, der feine Kräuterduft ergänzt den leichten Zitrusgeschmack. Eng verwandt mit dem Fleur du Maquis. Es gibt auch eine Variante, die mit Ziegenmilch erzeugt wird.

FontinaFontina
Schnittkäse
Für den DOP-Käse aus dem Aostatal darf nur Rohmilch von Kühen verwendet werden. Im Sommer wird er auf den Almen, sonst in den Käsereien im Tal hergestellt. Der Teig ist cremig-fest und elastisch mit wenigen kleinen Löchern. Sein Geschmack ist süßlich-mild und nussig. Weil er gleichmäßig schmilzt, ist er die perfekte Wahl für ein italienisches Fondue.

Saint-NectaireSaint-Nectaire
Schnittkäse
Ein AOC-Käse aus dem Massif Central, wird aus pasteurisierter Milch oder auf den Höfen aus Rohmilch hergestellt. Nach dem Pressen reift er 5 bis 8 Wochen auf Roggenstroh in alten Weinkellern. Der Käse entwickelt farbenfrohen Rindenschimmel und einen ländlichen Schimmelduft. Das Aroma weckt Assoziationen an Gras, Nüsse, Feuerstein und rohe Kartoffeln.

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