Spanischer Zirkus

Eneko Atxa ist das Personifizierte Überraschungsei. Bei ihm im Package sind Spiel, Spaß und Spannung.
November 13, 2015

Eneko Atxa Fotos: Juan Lafita, Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7

Der eingekochte Schweinsfuß mit Anchovis und Schnippelchen von grünem Spargel könnte in der Konsistenz auch locker als ein bisschen zu flüssig geratenes Gel durchgehen. Doch gemeinsam mit dem Blutzuckerspiegel schnellen auch die Mundwinkel nach oben. Intensiv, ehrlich und doch mit Finesse, das Baskenland in seiner aromatischen Gesamtheit wabbelt auf dem Löffel.Allerdings wörtlich genommen nur die des Landes. Denn dort, wo Eneko Atxa herkommt, ist Surf & Turf an der Tagesordnung und kein kalifornischer Hummer-Steak-Hybrid.

Eneko Atxa hat den Keller voll mit Zentrifugen & co. Bräuchte er aber gar nicht, seine Küche vertraut auf reinen Geschmack.
Roland Trettl

Nur wenige Kilometer von Bilbao und dem Golf von Biscaya entfernt, im sprichwörtlichen Nirgendwo…

Eneko Atxa Fotos: Juan Lafita, Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7

Der eingekochte Schweinsfuß mit Anchovis und Schnippelchen von grünem Spargel könnte in der Konsistenz auch locker als ein bisschen zu flüssig geratenes Gel durchgehen. Doch gemeinsam mit dem Blutzuckerspiegel schnellen auch die Mundwinkel nach oben. Intensiv, ehrlich und doch mit Finesse, das Baskenland in seiner aromatischen Gesamtheit wabbelt auf dem Löffel.Allerdings wörtlich genommen nur die des Landes. Denn dort, wo Eneko Atxa herkommt, ist Surf & Turf an der Tagesordnung und kein kalifornischer Hummer-Steak-Hybrid.

Eneko Atxa hat den Keller voll mit Zentrifugen & co. Bräuchte er aber gar nicht, seine Küche vertraut auf reinen Geschmack.
Roland Trettl

Nur wenige Kilometer von Bilbao und dem Golf von Biscaya entfernt, im sprichwörtlichen Nirgendwo mit dem Namen Larrabetzu, erklärt Atxa die Produkte der Region zu den Highflyern seiner Karte. Und setzt alte, verlorene Rezepte neu um. Ja. Klingt nach altem Hut, weil das heute jeder macht – aber würde es jeder so spannend und einfallsreich wie Atxa hinbekommen, hätten wir mehr 3-Sterne-Köche. „Konfierter Hummer mit Kräutern und Papada“ ist seine Version von einer See-Land-Fusion. Also der Goder von einem baskischen Schwein als Quadratzentimer großer Würfel neben dem zarten Krustentier-Fleisch und einer kleinen Sprenkelage aus Schnittlauchcreme. Beherzt, lebendig und doch klar in der Aussage.

Für Gerichte wie diese ist ihm erst letzten November der dritte Stern verliehen worden, was zeigt, dass sich das Rädchen Guide Michelin auch weitergedreht hat. Denn der moderne Gourmettempel, das Azurmendi, aus Stein, Holz und Eisen ist anders. Von der Größe her Hangar-7-Ausmaße, nur ohne Ausstellungsraum, sondern ausschließlich Spielfläche von Atxa. Und dann gibt es erst mal schön Picknick, um runterzukommen. Innen. In einem Entree, einer Mischung aus Bauhaus-Retrospektive und Urwald-Schrebergarten, werden vor dem eigentlichen Menü Körbe voller Goodies verteilt. Der Inhalt des geflochtenen Strohkorbs: eine Erdnuss, die selbstverständlich keine ist, sondern Erdnussbutter mit Schokolade und der Mimikry willen mit getrockneten Pilzen bestaubt, ein Idiazabal-Basilikum-Bonbon und eine Tomaten-Infusion.

Eneko Atxa bei der Arbeit
Das Rundherum macht Spaß, die Texturen bringen Spannung und der spielerische Umgang von Atxa zeugt von großem handwerklichen Geschick, das in Gerichten gipfelt, die eine verdammt persönliche Handschrift zeigen. Denn in seinem Inspector-Gadget-Hightech-Labor im Keller entwickelt er eigene Techniken, um die uralten Aromen und Geschmäcke des Baskenlands und seiner Gastronomie zu transportieren. Vakuumierer, Zentrifugen und weiteren technischen Schnickschnack, vor dem jeder Koch in die Knie gehen würde, auch wenn er nicht wüsste, was er mit den einzelnen Gerätschaften eigentlich tun kann, verwendet Atxa, um den reinen Geschmack der Produkte hervorzulocken. Was ihn aber nicht zum spanischen René-Redzepi-Nordic-Foodlab-Kopierer macht. Nein, Atxa ist Baske und steht auf Show in Bunt, großartiges Storytelling inklusive. Bei seiner „Auster mit Salicorn Algen, Anemonen, Pilzen und Meeresaromen“ werden die Auster und die in Tempurateig gelegten See-Anemonen in einen aromatisierten Trockeneisnebel gehüllt. Atxa erklärt, mit diesem Gericht wolle er die Morgenstimmung des kleinen Fischerhafens einfangen, und da jauchzt nebst Geschmackspapillen auch der Ästhet in einem.

Oder die Geschichte von den Walnüssen. Die hat seine Mama ihm und der Schwester als Überraschung aus dem Krämerlädchen mitgenommen, als er noch klein war, woraufhin Atxa dem Geschmack verfallen ist und der Idee, den baskischen Herbst aufs Tablett zu bringen. „Taube, Haselnuss, Duxelle“ ist dabei herausgekommen. Und die Haselnüsse unter dem Wald aus getrockneten Champignons gehen dabei als humoristische Komponente durch. Quasi als in kupferfarbenen Staub gehüllte Zaubernüsse. Denn in der Schokoladen-Haselnussform – Nüsse aus Silikon nachzubilden, scheint dem jungen Elite-Spanier durchaus Freude zu bereiten – befindet sich feinste Foie gras.
Am berühmtesten ist aber vermutlich sein „Getrüffeltes Eigelb“. An diesem macht er sich mit veritablem Krankenhaus-Bedarf zu schaffen: zwei Spritzen, eine Nadel und eine Infusion. Letztere eine dunkle Verdichtung von Trüffel, die mithilfe der Spritze in den vorher halb abgesaugten Dottersack eines frischen Eies injiziert wird. Höchst spektakulär zum Ansehen, im Mund ein Kitzel durch die Hitze der Infusion und die niedrige Temperatur des Eigelbes und in der Marketingstrategie ein Knüller. Wer das gegessen hat, wird darüber sprechen. Eneko Atxa beherrscht eben die Kunst der Mundpropaganda im reinsten Sinne des Wortes.

Champignon

Aufgedeckt
Gastkoch-Know-how von Eneko Atxa [Champignon]

Jeden Monat verraten die Gastköche von Hangar-7-Executive-Chef Roland Trettl ihr Lieblingsprodukt.
Eneko Atxas Favorit: Der Champignon!

Pilz-Dreierlei
3-Sterne-Koch Eneko Atxa hat für den Champignon eine Dreifach-Verwertung in einem Gericht entwickelt. In seiner „erdigen Tee Time“ werden getrocknete Champignons mit Gewürzen als Tee-Mischung in eine konzentrierte Champignon-Consommé eingebracht und nach einer Minute Ziehen über hauchfein geschnittene Champignons gegossen.

Hut steht gut
Um welche Sorte es sich handelt, darüber gibt die Farbe des Hutes Auskunft. Von weiß bis rosabeige ist alles drin. Am beliebtesten ist die blütenreine Variante in Schneeweiß und Mini. Sprich bis zu zwei Zentimeter Durchmesser und mit fester Konsistenz. Der braune Champignon ist im Geschmack intensiver mit leicht nussigem Aroma, zudem wasserärmer und schrumpft daher beim Garen weniger. Champignons mit leichtem rosa Schimmer haben festeres Fleisch und stammen von den würzigen Anisegerlingen. Leider selten, daher immer zugreifen!

Champion unter den Pilzen
Der Champignon ist so etwas wie der obligatorische Pilz. Den kennt man und den isst man auch als Kind gerne. Das beweist auch der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch, der bei etwa 2,9 Kilogramm im Jahr liegt. Hat neben dem Geschmack vermutlich auch mit der respektablen Anti-Fett-und-Kalorien-Bilanz zu tun: Mineralstoffe, B-Vitamine, Provitamin D und Eiweiß bei nur 21 kcal und 0,2 Gramm Fett auf 100 Gramm.

Kellerkinder
Durch Zufall um 1750 auf einem französischen Misthaufen für die Zucht entdeckt, etablierte sich der weiße Pilz rasant als Gourmetfinderling in den Häusern des Adels und der Reichen. Lichtscheu, wie der Champignon, Französisch für Pilz, ist, fand man schnell heraus, dass er am besten in dunklen Kellern und Gewölben gedeiht. Sie werden noch heute in Hallen oder auch in Bier- und Weinbergkellern und Tunneln angebaut und sind daher in gleichbleibender Qualität das ganze Jahr über erhältlich. Für ungefähr vier Euro pro Kilo erhält man da dann auch die Königsklasse.

Eneko Atxa

„Das Aroma eines Frischen Champignons repräsentiert für mich das erdige Baskenland.“
Eneko Atxa | Azurmendi
www.azurmendi.biz

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Richard Ekkebus Next Chef
Richard Ekkebus | Amber/Hongkong
Ein Niederländer kocht französisch und das in China. Mit zwei Michelin-Sternen. Wenn also Multikulti angesagt ist, gibt es nur einen Rädelsführer: Richard Ekkebus. Seine Küche gilt dabei als eine der innovativsten in Hongkong.
www.hangar-7.com
www.facebook.com/hangar7

Aufgetischt
Rezept von Hangar-7-Executive-Chef Roland Trettl

Und was wäre das Gastkoch-Produkt ohne geniale Umsetzung? Eben! Exklusiv für ROLLING PIN kreiert Roland Trettl das passende Gericht!

Champignons auf Haselnusserde mit Pata Negra und Comté
Champignons auf Haselnusserde mit Pata Negra und Comté

Haselnusserde
200 g gesalzene, geröstete Haselnusskerne oder Mandelkerne (unblanchiert)
50 g Kakaobohnenbruch
50 g getrocknete Champignonscheiben (im Dehydrator getrocknet)

Champignons
100 g Schalottenwürfel
1 Knoblauchzehe, geschält
50 ml Olivenöl
1 Thymianzweig
40 ml Weißweinessig
150 ml Wasser
100 g Butter
30 Stk. kleine Champignonköpfe (etwa 1,5 cm Durchmesser)
Salz, Pfeffer

Anrichten
etwas Pata-Negra-Schinken, hauchdünn geschnitten
etwas Comté, frisch gerieben

Haselnusserde
Die Haselnusskerne oder Mandelkerne zusammen mit dem Kakaobohnenbruch und den getrockneten Champignonscheiben mixen.

Champignons
Die Schalottenwürfel, die Knoblauchzehe und den Thymianzweig im Olivenöl farblos anschwitzen. Dann mit Weißweinessig ablöschen und mit Wasser auffüllen. Die Butter zugeben und mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer würzen. Den Sud zugedeckt 15 Minuten köcheln lassen. Die geputzten Champignonköpfe in den Sud legen und einmal aufkochen lassen. Den Topf vom Herd nehmen und die Champignons zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen.

Anrichten
Die Haselnusserde auf vier Teller verteilen. Darauf die abgetropften Champignonköpfe anrichten. Einige hauchdünne Scheiben Pata-Negra-Schinken auf die Haselnusserde legen und in die Zwischenräume etwas frisch geriebenen Comté geben.

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