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Von der Mallorquinischen Spitzenküche ins Norddeutsche Schietwetter: Wie Nils Egtermeyer Hamburgs Fischküche auf ein neues Level hebt.
November 13, 2015

Hamburgs FischkücheFotos: Wolfgang Hummer, Susanne Dittrich

Nach dem Bauchgefühl handelnd, impulsiv aber reflektiert. So klingt die Selbsteinschätzung eines jungen Mannes, der den Vorzügen Mallorcas und einer Partnerschaft im wahrscheinlich wichtigsten Gastro-Imperium der Baleareninsel den Rücken gekehrt hat, um im kleinen Hamburger Restaurant Jellyfisch seine eigene Suppe zu kochen. Und die ist in der Tat außergewöhnlich. Aber zurück auf Anfang. Nils Egtermeyer wurde vor 31 Jahren in Rheine bei Münster in eine Familie hineingeboren, die gerne und viel Zeit auf Mallorca verbringt. So viel, dass sein Abschlusszeugnis ein mallorquinischer Behördenstempel ziert.

Nach der Schule ging’s zurück nach Münster, zur Kochlehre ins Best Western Waldhotel Krautkrämer. Ausgelernt hält es ihn zwar für ein paar Stationen in der deutschen Sternegastronomie – die Lust

Hamburgs FischkücheFotos: Wolfgang Hummer, Susanne Dittrich

Nach dem Bauchgefühl handelnd, impulsiv aber reflektiert. So klingt die Selbsteinschätzung eines jungen Mannes, der den Vorzügen Mallorcas und einer Partnerschaft im wahrscheinlich wichtigsten Gastro-Imperium der Baleareninsel den Rücken gekehrt hat, um im kleinen Hamburger Restaurant Jellyfisch seine eigene Suppe zu kochen. Und die ist in der Tat außergewöhnlich. Aber zurück auf Anfang. Nils Egtermeyer wurde vor 31 Jahren in Rheine bei Münster in eine Familie hineingeboren, die gerne und viel Zeit auf Mallorca verbringt. So viel, dass sein Abschlusszeugnis ein mallorquinischer Behördenstempel ziert.

Nach der Schule ging’s zurück nach Münster, zur Kochlehre ins Best Western Waldhotel Krautkrämer. Ausgelernt hält es ihn zwar für ein paar Stationen in der deutschen Sternegastronomie – die Lust auf Mallorca, auf das Reisen und das Vertiefen der spanischen Sprache beschleunigten seine Rückkehr zur zweiten Heimat. Da war Egtermeyer 20 Jahre alt. Schnell kocht er sich die Küchenhierarchie nach oben: Er startet als Chef de Partie im Sternerestaurant Es Fum des St. Regis Mardavall Resort, im Restaurant Bhaccus des Read’s Hotel Santa Maria, ebenfalls mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, ist er mit 22 Jahren Sous Chef. Der britische Sternekoch Marc Fosh nimmt ihn von dort als seinen Küchenchef mit, als er 2009 sein Gourmetrestaurant Simply Fosh in Palma eröffnet.

Nach sieben Jahren Malle bekommt Egtermeyer das Angebot, für das andere morden würden: Partner werden im Fosh-Imperium. Viel mehr geht auf der Insel nicht. Er fühlt sich geschmeichelt, das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues ist, hat sich allerdings schon in seinem Bauch festgesetzt. Er trägt es spazieren, lässt es sacken – wie es eben seine Art ist – und entscheidet sich ein neues Kapitel aufzuschlagen. Das trägt die Überschrift Jellyfish, Hamburg. Egtermeyers Lieblingsstadt. Das Lokal am Rande des Schanzenviertels mit seinen 42 Plätzen gibt es zu dem Zeitpunkt im April 2012 bereits ein Jahr. Aber Egtermeyer schlägt mit dem Team aus drei Servicekräften, drei Köchen und den beiden Inhabern einen neuen Kurs ein.

Die Windrichtung lautet Sea Food und Fisch, beides ausschließlich aus zertifiziertem Leinen- und Wildfang. Man glaubt es kaum, aber selbst in der Fischhochburg Hamburg ist das ein Unikum. Aber eines, das rasch sehr gut ankommt. Der Gault Millau setzt der Beliebtheit bei der bunt gemischten Gästeschar aus jung, alt, hip und einfach nur auf der Suche nach einem guten Fisch, einen drauf und vergibt im ersten Jahr 14 Punkte. Inklusive der Warnung, Gourmets wären nach dem Besuch im Jellyfish höchstwahrscheinlich für andere Hamburger Fischrestaurants verdorben. Gute Publicity, die Egtermeyer freut, ihm aber nicht zu Kopf steigt. Immerhin kocht er für die Gäste, nicht für die Guides dieser Welt. Und sowieso: Fleisch, wenn auch in deutlich reduzierter Präsenz, gibt es wider allen Spekulationen auch im Jellyfish.

Nichts Geringeres als sensationell ist gut genug.

Wer jetzt denkt, Nils Egtermeyer hat es auf den schnellen Erfolg angelegt und dazu einfach die Fosh-Schiene ins Hamburgische übersetzt, täuscht sich gewaltig. Zwar mag seine Entwicklung untrennbar mit dem Briten verwoben sein, Egtermeyers Inspiration ist aber eine andere. Anstatt vordergründig mediterrane Zeichen auf die Teller zu setzen, arrangiert Egtermeyer den Süden subtil mit der Hamburger Fischküche. Sein Fokus liegt auf dem Produkt, und das ist so regional und frisch, dass der junge Küchenchef oft Zeuge der letzten Minuten eines erfüllten, weil wilden, Fischlebens sein darf, wenn er sich den Catch of the Day abholt. „Sensationell“ ist das Wort, das seinen Anspruch an das Produkt beschreibt. Und das kostet – der Wareneinsatz beläuft sich auf satte 30 bis 35 Prozent und drückt sich im 5-Gänge-Menü mit 69 Euro aus.

Die Karte präsentiert sich überschaubar und immer tagesaktuell mit fünf Vor- und Hauptspeisen und drei Desserts, die der Chef de Cuisine ebenso wie die verschiedenen Menüs mit Freude moderiert, die Geschichten zu den Zutaten also gleich mitserviert. Damit betreibt er eine Bewusstseinsbildung, wie sie für das Thema Fleisch/Steak längst abgeschlossen scheint, oder hätten Sie vor 15 Jahren daran gedacht, sich ein 80-Euro-Steak reinzupfeifen? An der preislichen Schmerzgrenze von Fisch lässt sich definitiv noch was machen, ist sich Egtermeyer deshalb sicher. Daran wird im Jellyfish als gastronomische Bewusstseinsbildungseinrichtung ja auch erfolgreich gearbeitet. Alles Weitere lässt der hochengagierte 31-Jährige offen, das Bauchgefühl hat ihn in den vergangenen Jahren schließlich immer auf die richtige Fährte gebracht.

www.jellyfish-restaurant.de

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