Altes vom Acker

Die pure Lebenskraft steckt in uralten Getreidesorten – was sonst noch drin ist, ihre Geschichten und wieso sie aus der Verdammung auf den Teller gehören.
November 13, 2015

Altes vom AckerFotos: Werner Krug, Monika Reiter, Shutterstock

Trennt man sich von der Streu, der massentauglichen Produktion und dem Weizen, finden sich vielfältige Körner mit viel Inhalt. Die kleinen Früchte der alten Getreidesorten, die zur Familie der Süßgräser gehören, haben eines gemeinsam: Sie wurden lange Jahre aus Produktion und Küche verdrängt und freuen sich nun über ihr Revival.
Haushaltsweizenmehl Typ 405 – bis auf den Mehlkörper abgeschliffen – ist aufgrund der speziellen Züchtung Back- und Bindeweltmeister und deshalb so beliebt in der allgemeinen Küche. Die Pflanzen des Weichweizens sind züchterisch stark bearbeitet, um hohe Erträge zu leisten und einheitliche Qualität zu erzielen. Dabei entstanden durch mehrfache Kreuzungen auch Hybridzüchtungen, die zum Anbau gebracht wurden. Diese sind im nächsten Jahr nicht mehr keimfähig, was einen Nachbau unmöglich macht und die Bauern abhängig von Saatgutkonzernen. Dabei steckt im Keimling der alten Arten – wenn sie kaum bearbeitet sind – und in den äußeren Hüllen des Korns – der Aleuronschicht, der Samenschale und der Fruchtschale – das Ungewöhnliche: Eine Menge Mineralstoffe, Vitamine und Ballaststoffe sind nur die ernährungsphysiologischen Argumente für die einst so populären und dann verbannten Arten. Der cremig-nussige Geschmack des Einkorns…

Altes vom AckerFotos: Werner Krug, Monika Reiter, Shutterstock

Trennt man sich von der Streu, der massentauglichen Produktion und dem Weizen, finden sich vielfältige Körner mit viel Inhalt. Die kleinen Früchte der alten Getreidesorten, die zur Familie der Süßgräser gehören, haben eines gemeinsam: Sie wurden lange Jahre aus Produktion und Küche verdrängt und freuen sich nun über ihr Revival.
Haushaltsweizenmehl Typ 405 – bis auf den Mehlkörper abgeschliffen – ist aufgrund der speziellen Züchtung Back- und Bindeweltmeister und deshalb so beliebt in der allgemeinen Küche. Die Pflanzen des Weichweizens sind züchterisch stark bearbeitet, um hohe Erträge zu leisten und einheitliche Qualität zu erzielen. Dabei entstanden durch mehrfache Kreuzungen auch Hybridzüchtungen, die zum Anbau gebracht wurden. Diese sind im nächsten Jahr nicht mehr keimfähig, was einen Nachbau unmöglich macht und die Bauern abhängig von Saatgutkonzernen. Dabei steckt im Keimling der alten Arten – wenn sie kaum bearbeitet sind – und in den äußeren Hüllen des Korns – der Aleuronschicht, der Samenschale und der Fruchtschale – das Ungewöhnliche: Eine Menge Mineralstoffe, Vitamine und Ballaststoffe sind nur die ernährungsphysiologischen Argumente für die einst so populären und dann verbannten Arten. Der cremig-nussige Geschmack des Einkorns – der Urweizen – oder die Farbenvielfalt des Emmers und eine Geschichte, die bis 7000 vor Christus zurückverfolgt werden kann, beeindrucken auf ihre eigene Art.

Ein gesunder Boden bringt gesundes
Getreide hervor und das tut Menschen gut
Helma Hamader über ihre Philosophie

Wieso, wenn nicht aus Überzeugung?
Es besinnen sich meist die kleinen Bauern auf alte Getreidesorten: Sepp Ehrenberger und Helma Hamader vom Meierhof in St. Bernhard in Niederösterreich produzieren all die Sorten in Demeter-Qualität, die im Mittelalter noch das Hauptgetreide waren, und machen dies – wie das so häufig bei Pionieren ist – aus Überzeugung: „Ein gesunder Boden bringt gesundes Getreide hervor und das ernährt den Menschen gut. Etwas anderes käme für uns nicht mehr infrage.“ Genauso sehen es auch Josef Floh von der Gastwirtschaft Floh oder Thomas Naderer, Pâtissier des Landhauses Bacher, die regelmäßig auf die alten Arten zurückgreifen, da die Körner Energie, Kraft und Lebensqualität vermitteln – wie es bereits unter den Inkas vor Hunderten von Jahren hieß.
Die geschmacklichen Besonderheiten wie auch die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten bei der Zubereitung machen Getreide zu einem Begleiter vom ersten bis zum letzten Gang. Getreide lässt sich wie Reis zubereiten oder pur verzehren oder zeigt uns die Lebenskraft, wenn es anfängt zu keimen. Welche Geschichten es noch erzählt, auf den nächsten Seiten.

phpKqCEiC Nacktgerste
Nacktgerste war eine der ersten Getreidearten, die kultiviert wurden – vor 7000 Jahren. Mit ihrem Wirken als Alkoholgrundlage wie Bier, Gin oder Whisky, als Futtermittel oder als Kaffeeersatz ist sie eine der vielfältigsten und auch bedeutsamsten Getreidesorten weltweit. Ganz, gebrochen, geröstet, befeuchtet, gekeimt oder gequetscht – Gerste macht immer eine gute Figur und sorgt für selbige beim Konsumenten durch den hohen Anteil an Ballaststoffen.

Geschmack: vollmundig, mild
Kochzeit: 35 Minuten
Kilopreis: € 2,50 bis € 4,50

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Uralt und trotzdem lecker

phpcLJfi4 Einkorn
Einkorn – die Uroma des Weizens – war bis ins Hochmittelalter die Hauptgetreideart. Dinkel und Weichweizen verdrängte es danach zunehmend. Dabei ist es für Reismischgerichte, Aufläufe und Laibchen eine besonders geschmackvolle Grundlage. Das Mehl ist allerdings nicht als Bindemittel geeignet. Durch den hohen Beta-Carotinoid-Anteil hat es eine hohe gesundheitliche Wirkung: Die kleinen, flachen Körner sind das absolute Brain-Food!

Geschmack: cremig-nussig
Kochzeit: 10 Minuten
Kilopreis: € 3,00 bis € 4,00

phpwPFS8h Waldstaudekorn
Waldstaudekorn ist die Urform des Roggens. Es enthält eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralstoffen und hat einen hohen Kleieanteil. Die hohe Wasserbindekraft der Pentosane ist für die Teigbildung auf Roggenbasis von Bedeutung. Roggen enthält in den äußeren Randschichten Phytinsäure. Diese kann die Aufnahme von Eisen, Zink und Kalzium im Körper hemmen. Daher wird das Korn vor der Verwendung in Wasser zum Quellen und teils zum Keimen gebracht.

Geschmack: intensiv, saftig
Kochzeit: 30 Minuten
Kilopreis: € 4,50 bis € 5,50

phpUimFvf Emmer
Farbenfroh: Emmer gibt’s von Weiß bis Blau und von Rot bis Braun und Schwarz. Eine weitere Besonderheit: die Unterteilung in Winter- und Sommeremmer. Dabei ist die Sommersorte kleiner und etwas intensiver im Geschmack. Seit ca. 4000 Jahren gibt’s den Emmer in Europa. Was die Ägypter besonders gerne mochten, verdrängten die Römer ohne Bedauern. Dabei ist Emmer sehr proteinreich, quillt stark auf und ist zum Backen hervorragend geeignet.

Geschmack: fein-würzig, leicht herb
Kochzeit: 12 bis 15 Minuten
Kilopreis: € 3,00 bis € 5,00

phpYn4mj6 Dinkel
Dinkel gibt’s im Alpenraum bereits seit rund 5000 Jahren. Vom Weizen verdrängt, entdeckte Hildegard von Bingen, die christliche Kräuterfrau im Mittelalter, seine Wirkung auf Körper und Geist wieder. Dinkel lässt sich aufgrund der Verwandtschaft zu Weichweizen ähnlich verarbeiten. Die brüchigen Dinkelähren wurden im Mittelalter frühzeitig geerntet, damit schlechtes Wetter die Ernte nicht zerstörte, und dann künstlich getrocknet. Tada: die Geburtsstunde des Grünkerns.

Geschmack: voll, nussig, kornig
Kochzeit: 20 Minuten
Kilopreis: € 3,00 bis € 5,00

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Nackthafer Nackthafer
Nackthafer hat unter allen Getreidearten den höchsten Fettgehalt. Dadurch können selbst gequetschte Haferflocken bei zu langer Aufbewahrung ranzig werden. Die kühle und trockene Lagerung ist das A und O. Junger Hüpfer: Hafer ist eine sekundäre Kulturpflanze und kam erst vor rund 3000 Jahren in Europa an. Sie ist Begleiter von älteren Kulturen wie Einkorn, Emmer und Gerste. Gesunder Nackthafer keimt schnell und schmeckt super mit Wurzelgemüse.

Geschmack: fruchtig, nussig, süß
Kochzeit: 5 bis 7 Minuten
Kilopreis: € 2,50 bis € 4,50

Pseudogetreide

Nicht ganz das Gleiche: Pseudogetreide sind die Körnerfrüchte von Pflanzenarten, die nicht zur Familie der Süßgräser wie beispielsweise Roggen und Weizen gehören. Die Pseudogetreidekörner sind meist reich an Stärke, Eiweiß, Mineralstoffen und Fett. Eines fehlt: Sie haben kein Klebereiweiß, das Gluten, und sind damit für Menschen mit Gluten-Unverträglichkeit, Zöliakie, eine geschmackvolle Alternative. Die Schädigung der Dünndarmschleimhaut kann die Funktion des Dünndarms deutlich beeinträchtigen und die Aufnahme von Nährstoffen stören. Ein Manko: Durch das fehlende Klebereiweiß haben sie schlechte Backeigenschaften.

Quinoa Quinoa
Die Körnerfrucht aus den Anden bildet etwa hirsegroße Samen von rotbrauner, gelber oder weißer Farbe. Sowohl diese als auch die Blätter sind bei Quinoa zum Verzehr geeignet. Die Samen können wie Reis gekocht werden oder bilden geflockt, geschrotet oder gemahlen eine Alternative zu den Mainstream-Getreidearten. Quinoa macht sich auch prima als Bratling oder Auflauf. Der hohe Gehalt an Eisen und Magnesium machen Quinoa zu einem Wunderkorn!

Geschmack: nussig
Kochzeit: 20 Minuten
Kilopreis: € 3,00 bis € 5,00

Amarant Amarant
Amarant hat einen höheren Anteil an Ballaststoffen, Calcium, Kalium, Eisen, Mangan und Kupfer als Weizen und Hirse. Nicht nur 9000 Jahre alt, auch poppig: In der Pfanne können die Körner unter starker Hitze zum Poppen gebracht werden. Ein absoluter Hingucker! Ansonsten können die Samen wie Getreide für Bratlinge oder Palatschinken verwendet werden. In gemahlener Form dient es als Mehl zum Backen von Brot und Keksen.

Geschmack: kräftig, leicht nussig
Kochzeit: bis zu 30 Minuten
Kilopreis: € 4,00 bis € 6,00

Buchweizen Buchweizen
Der echte Buchweizen ist über Zentral- und Ostasien nach Europa gelangt. Wie alle Pseudogetreidearten ist der Buchweizen nicht mit dem Weizen verwandt. Das genaue Alter ist schwer zu bestimmen. Vermutungen legen eine Kultivierung vor 9000 Jahren fest. In der französischen,
italienischen und polnischen Küche findet er bis heute großen Anklang. Der hohe Ballaststoff- und Eiweißanteil macht ihn zu einem wertvollen Lebensmittel.

Geschmack: herb, nussig
Kochzeit: 15 bis 17 Minuten
Kilopreis: € 5,00 bis € 7,00

Sanddorn, Getreide, Mais von Thomas Naderer

Sanddorn, Getreide, Mais von Thomas Naderer

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www.bit.ly/getreiderezept

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