Mein größter Fehler: KP Kofler

Deutschlands Caterer Nr. 1 über seine Euro-Net Pleite und warum es manchmal besser ist, nicht ans Prestige zu denken.
Januar 19, 2016 | Text: Marion Wolf | Fotos: Georg Roske
Gute Sachen passieren oft nicht ohne die schlechten“, der Premium-Caterer KP Kofler sieht es sportlich. Als ehemaliger Reitprofi weiß er, was  Risikobewusstsein heißt, und das ist ihm auch 1997 klar, als er den Auftrag für ein Großprojekt annimmt…

Gute Sachen passieren oft nicht ohne die schlechten“, der Premium-Caterer KP Kofler sieht es sportlich. Als ehemaliger Reitprofi weiß er, was Risikobewusstsein heißt, und das ist ihm auch 1997 klar, als er den Auftrag für ein Großprojekt annimmt. Zu diesem Zeitpunkt ist Kofler ein erfolgsverwöhnter Entrepreneur, der seine Erfahrungen aus dem in Bad Homburg alteingesessenen Familienbetrieb, der 1823 gegründeten Stadtbäckerei Kofler, im eigenständigen innovativen Gastrounternehmen umsetzt. Sein 1993 übernommenes Schirn-Café macht er zum Frankfurter Place to be und wird dafür 1996 mit dem Branchen-Oscar, dem Herforder Preis, ausgezeichnet. 
Ungefähr zur gleichen Zeit wird dem damals 32-Jährigen das Restaurant-Großprojekt Euronet im Basement des Eurotowers, Sitz der Europäischen Zen-tralbank (EZB) in Frankfurt, angeboten. Dort soll auf 1300 Quadratmetern ein Luxury-Food-Court  entstehen. „Ich dachte, wenn es die EZB ist, dann muss man was mit internationaler Bedeutung machen. Da habe ich ein bisschen zu groß gedacht.“
Als Investor ist die Dresdner Bank im Boot, der auch das Gebäude gehört. KP Kofler steigt als Teilhaber des Euronet ein, Partner mit jeweils 50 Prozent der Anteile ist der Projektentwickler Jürg E. Köllmann. Gemeinsam eröffnen sie das zu der Zeit mit 400 Plätzen größte Restaurant Deutschlands mit vier Küchen –  eine asiatische, eine mediterrane, eine  Rotisserie und eine Pâtisserie – und insgesamt 80 Mitarbeitern. Wie bereits bei seinem vorherigen Erfolgsprojekt, dem Schirn-Café, ist Kofler seiner Zeit voraus. Er installiert einzelne Foodstände mit offener Showküche, die er so vorher noch nicht in Deutschland gesehen hat. An Tisch-Terminals kann online bestellt werden. So greift der Gastrounternehmer das Internet-Euronet-Thema auf.  Doch besonders eines hat er aus dem Projekt gelernt: „Man muss seiner Zeit voraus sein, aber nicht zu weit voraus. Ich hatte die Komplexität der Operation unterschätzt und die Koordination zwischen den einzelnen Küchen war sehr schwierig.“ 
Im Herbst 1997 wird eröffnet, nur acht oder neun Monate später muss sich Kofler eingestehen, dass das Projekt Euronet gescheitert ist. Doch was war der ausschlaggebende Grund dafür? „Wenn man scheitert, gibt es nie nur einen Grund, es ist immer die Verquickung verschiedener Faktoren. Ich dachte, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, aber die Fallhöhe war groß.“ Entscheidendes Problem sei sicher gewesen, dass das Objekt nicht fertig wurde – und zwar in vielen Bereichen. Seien es die Küchen, die Kassensysteme oder die Außenflächen und die Zugänglichkeit, die nur über einen Bausteg möglich war. „Die Dresdner Bank hatte 13 Millionen Mark (umgerechnet 6,6 Millionen Euro)  investiert, die Erwartungen waren entsprechend hoch und da hat man mit Anfang 30 natürlich Druck.“ Zusätzlicher Druck kam von den Ladenbesitzern in der angeschlossenen Passage, für die das Euronet auch der Übergang zu ihren Shops war. Ohne das Restaurant also keine Kunden. Dementsprechend eröffnet man zu früh und zu schnell. „Mein  Fehler war es, die Entscheidung aus der Hand zu geben.“ Ein Fehler, der zur Folge hat, dass „die Mitarbeiter lost und überfordert waren, kein Sharing-Konzept vorhanden war und es passierte, dass der Hauptgang zuerst kam.“ Dennoch läuft das Geschäft abends gut. 
Mit 300 bis 400 Gästen ist man voll. Probleme gibt es mit dem Mittagsgeschäft. „Die EZB hat sich im letzten Moment für eine eigene Kantine entschieden und wir dachten natürlich, die Mitarbeiter kommen zu uns. Außerdem mussten wir nach sechs Monaten Miete zahlen. 40.000 Mark (umgerechnet etwa 20.500 Euro) plus Nebenkosten.“ Veränderungen in einem solchen Großprojekt herbeizuführen, sei immens schwierig gewesen. „Ein Sportboot ist relativ schnell zu wenden, ein Öltanker benötigt aber zweieinhalb Kilometer Bremsweg.“ Im Frühjahr 1998 entschließt sich KP Kofler zum Ausstieg aus dem Euronet. Bis dahin kostet es ihn 750.000 Mark (umgerechnet 380.000 Euro). Die Bild-Zeitung stürzt sich darauf und titelt „Euronet, Koflers Pleite“. Eine glatte Lüge, schließlich ist das Unternehmen mit dem Schirn-Café und dem Union-Club-Catering sehr erfolgreich. Dennoch ein Schlag für den jungen Unternehmer, der erst 1991 die Firma gegründet hatte und noch am Anfang stand. Ein Wermutstropfen: Alle Beteiligten, darunter die Dresdner Bank und Jürg E. Köllmann, gibt es heute nicht mehr. „Natürlich hätte ich alleine weitermachen können, aber das Risiko war zu hoch. Es war besser, die Verluste einzusammeln, rauszugehen und nicht nur an das Prestige zu denken. Wenn ich überzeugt gewesen wäre, wäre ich drangeblieben.“ Von diesem Zeitpunkt an legt der heute 51-jährige seinen Fokus auf das Catering und Locations, weniger auf Restaurants. National wie international.

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