Die Leichtigkeit des Kempfers

Michael Kempf: Mountainbike-Down­hiller, Snowboarder oder Koch – der jüngste Sternemann Berlins füllt seine Rollen leicht aus. Facil eben, wie das gleichnamige Restaurant.
November 13, 2015

Michael Kempf in grauer Kochuniform und verschraenkten Armen Am Anfang stand – nein, nicht das Ei, das Huhn sowieso nicht. Die Schwarzwälder Kirschtorte war’s, behauptet Michael Kempf. In seinem Fall stimmt das auf jeden Fall, die Torte war schließlich sein erstes kulinarisches Produkt, das Rezept hatte er von einer Tante. Jedes Wochenende belieferte er seine Familie mit einem Kuchen, vom Backen zum Kochen kam er mit 13. Als einziger Junge entschied er sich in der Realschule für den Wahlkurs Hauswirtschaft. Abgesehen von der Annehmlichkeit seiner Sonderstellung – „Ich war der Hahn im Korb!“ – fing er jetzt richtig Feuer. Und wieder 13 Jahre später durfte er als jüngster Koch Berlins auf seinen ersten Stern anstoßen. Gleich in seinem ersten Jahr als Küchenchef des Facil im Mandala Hotel ging er auf Sternenfang. „Ein Sprung ins kalte Wasser. Ich hatte vorher nie eine führende Position, aber es klappte ganz gut.“ Eine galante Untertreibung, schließlich wurde der „Kempfer“ heuer zum Aufsteiger des Jahres in Deutschland gekürt. Für seine 30 ist Michael Kempf erstaunlich reif, obwohl er manchmal schon ordentlich auf den Putz haut. Dann stehen Flippen zu Housemusic und Durchmachen bis in die Früh auf dem Programm, nahtlos gleitet er dann in die Arbeit. „Was soll’s? Ich bin noch jung, manchmal muss ich auch wieder den Kopf freibekommen.“ Auch resches Snowboarden mit Sprüngen über Felsen – aber richtig hohe –, ausgiebige Marathonläufe und fetzige Downhillritte auf dem Montainbike geben ihm wieder die nötige Lockerheit. Seine Küche ist wie er selbst – jung, modern und handwerklich sauber. Die Handschrift seiner großen Lehrmeister ist noch lesbar – von Andre Jäger, dem Pionier der Fusion fernöstlicher und französischer Küche, und vor allem von Dreisternekoch Dieter Müller. Kempf interpretiert die klassische französische Basis auf seine sehr persönliche Art.
zwei Tische nebeneinander mit einer Blumenvase darauf Passend zur asiatisch anmutenden Klarheit des Facil. Das Restaurant wurde nach Feng-Shui-Grundsätzen errichtet, in dem strenge Ordnung mit Akribie verfolgt wird. Selbst die Tischkanten müssen mit den Fugen des Marmorbodens übereinstimmen und die Spots in der Decke die Blumen­vasen genau beleuchten.
Das verschiebbare Dach und die Wände sind aus Glas, ­dahinter dichter Bambus, große Terrakottavasen, aus denen Wasser fließt – man würde eine derart lässig vorgetragene Designstrenge nicht hinter den von Schnellrestaurants dominierten Straßenschluchten am Potsdamer Platz erwarten. „Das Interieur ist modern und puristisch, wie meine Gerichte. Zwei, drei Komponenten sind auf dem Teller – mehr nicht.“ Der Name des Restaurants ist Programm. Facil, leicht eben, sehr klar, mit Spritzern mediterraner Buntheit, kombiniert mit regionalen Produkten. Ein Gemüsebauer aus Brandenburg liefert neben 10 Tomatensorten auch rund 30 Wildkräuter, das Lammfleisch kommt aus der Müritz-Region und ein Pensionist liefert den mit Liebe geräucherten Aal. Im Sommer lässt er sich extra zehn Kisten Amalfi-Zitronen kommen und verarbeitet sie in Weckgläser, genauso wie den herrlichen Oktopus, wenn er ihn frisch in die Hand bekommt. Schöne Produkte, reizvoll kombiniert. Indisch-arabische Gewürze wie Kardamom, Curry, Tandoori und Harissa geben eine feine Note, ohne brachial exotisch sein zu wollen. Vom Typ her ist Michael Kempf ein relaxter Dieter Müller, nur jünger und mit frech aufgestellten Haaren. In der Küche pflegt er einen entspannten Müller-Ton. „Brüllen war früher einmal.“ Der Stern gibt ihm recht. Manchmal wollen die exklusiven Gäste aber lieber Bodenständiges. Gerhard Schröder bestellte Steak mit Pommes und Fußballikone Pele freute sich über ein zwei Kilo schweres Porterhousesteak. Er soll es mit so großer Anmut genossen haben, wie er früher durch die Gegnerreihen tänzelte.

Michael Kempf auf den Daechern Berlins Micheal Kempf im Zeitraffer

1977 geboren in Sigmaringen
1993–1996 Klever Post, Saulgau
1996–1999 Schlosshotel Friedrichsruhe, Lothar Eiermann
1999–2001 Fischerzunft, Andre Jäger, Schaffhausen (CH)
2001–2003 Dieter Müller, Schlosshotel Lerbach, Bergisch Gladbach
seit 2003 Facil, Chef de Cuisine

Kontakt

Facil im Mandala Hotel
Potsdamer Strasse 3, 10785 Berlin
Telefon: + 49 (0) 30 59 005 12 34

Geröstete Jakobsmuschel mit Kalbskopf Perigordtrüffelfumet und BlumenkohlbrandadeGeröstete Jakobsmuschel mit Kalbskopf
Perigordtrüffelfumet und Blumenkohlbrandade
Rezept für 4 Personen

8 Jakobsmuscheln, 8 Scheiben Kalbskopf, gepökelt und gekocht, 1 El Pflanzenöl, Meersalz, Pfeffer (schwarz, aus der Mühle)

Jakobsmuscheln ausbrechen, waschen und trockenlegen.
Kalbkopf in 16 kleine Kreise ausstechen, restlichen Kalbskopf fein würfeln.

Blumenkohlbrandade:
1 Kopf Blumenkohl
100 g gesalzene Butter

Die Hälfte des Blumenkohls in schöne Röschen zerteilen. Röschen kurz im Salzwasser blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Die andere Hälfte des Blumenkohls mit der Butter, Meersalz und Pfeffer vakuumieren und imWasserbad 30 Minuten garen.
Herausnehmen und fein pürieren, durch ein feines Haarsieb streichen und mit Meersalz abschmecken.

Perigordtrüffelfumet:
400 ml Geflügelfond, 200 ml Portwein (rot), 100 ml Rotwein, 1 Schalotte,
1 kleine Knolle der schwarzen Perigordtrüffel, 100 g gesalzene Butter, 1 El Nussbutter

Geflügelfond mit der fein geschnittenen Schalotte auf 100 ml einkochen. Portwein und Rotwein ebenfalls auf 100 ml einkochen. Trüffel fein hacken und in der Nussbutter anschwitzen. Alle Zutaten in einen kleinen Topf geben und langsam die gesalzene Butter einrühren. Mit Meersalz und Pfeffer abschmecken.

Jakobsmuscheln von beiden Seiten scharf anbraten. Kalbskopfscheiben mit etwas Meersalz darauflegen und 1 Minute ruhen lassen. Blumenkohl­röschen anrösten und mit dem Blumenkohlpüree in der Mitte des Tellers anrichten. Kalbskopfwürfel darübergeben.
Sauce aufrühren und um den Blumenkohl nappieren. Jakobsmuscheln auf den Blumenkohl legen.

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