Christian Petz – Wie es mir gefällt

Christian Petz über menschliche Abgründe, sein Faible für Kutteln und seine Aversion gegen Balsamico und Zitronengras. Der Küchenchef des Palais Coburg in Wien im Lauschangriff.
November 13, 2015

Christian Petz Dass man auf dem Weg in den (Gourmet-)Himmel durch die (zwischenmenschliche) Hölle geht, ist ein ungeschriebenes Gesetz in den besten Küchen dieser Welt. Christian Petz mögen noch jetzt kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn er an seine Zeit bei Eckart Witzigmann denkt. „Wir haben viel, lange und unter enormem Druck gearbeitet. Jeden Tag haben wir von ihm Länge mal Breite Gas bekommen, viele Leute sind daran gescheitert und auch zerbrochen.“ Lehrjahre sind bekanntermaßen keine Herrenjahre und die großen Köche keine Montessoripädagogen. Und dennoch eint am Ende alle, die selbst oben angekommen sind, die Einsicht: „Der Job war extrem hart, aber gerade deshalb absolut lehrreich.“ Der von Petz als „liberal-autoritär“ definierte eigene Führungsstil lässt Raum für Interpretationen, der Geräuschpegel in seiner Küche ist niedrig, die Handgriffe sitzen, der Respekt vor dem Chef ist spürbar.
Die Angst geht um. Sagt Christian Petz. Und runzelt die Stirn. Er meint: Die Angst vor (authentischem) Geschmack. Aus dem ernsthaften, mit Bedacht agierenden Küchenchef des Wiener Palais Coburg bricht im Handumdrehen Impulsivität und Leidenschaft hervor: „Es ist schon kurios: Auf der einen Seite werden Produkte mit starkem Eigengeschmack wie etwa Innereien abgelehnt, zum anderen aber immer mehr Lebensmittel aromatisiert oder bis zum Exzess verdichtet. Herrschaften, d-a-s k-a-n-n m-a-n n-i-c-h-t m-e-h-r e-s-s-en“, hält er ein flammendes Plädoyer für kulinarischen Purismus…

Christian Petz Dass man auf dem Weg in den (Gourmet-)Himmel durch die (zwischenmenschliche) Hölle geht, ist ein ungeschriebenes Gesetz in den besten Küchen dieser Welt. Christian Petz mögen noch jetzt kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn er an seine Zeit bei Eckart Witzigmann denkt. „Wir haben viel, lange und unter enormem Druck gearbeitet. Jeden Tag haben wir von ihm Länge mal Breite Gas bekommen, viele Leute sind daran gescheitert und auch zerbrochen.“ Lehrjahre sind bekanntermaßen keine Herrenjahre und die großen Köche keine Montessoripädagogen. Und dennoch eint am Ende alle, die selbst oben angekommen sind, die Einsicht: „Der Job war extrem hart, aber gerade deshalb absolut lehrreich.“ Der von Petz als „liberal-autoritär“ definierte eigene Führungsstil lässt Raum für Interpretationen, der Geräuschpegel in seiner Küche ist niedrig, die Handgriffe sitzen, der Respekt vor dem Chef ist spürbar.
Die Angst geht um. Sagt Christian Petz. Und runzelt die Stirn. Er meint: Die Angst vor (authentischem) Geschmack. Aus dem ernsthaften, mit Bedacht agierenden Küchenchef des Wiener Palais Coburg bricht im Handumdrehen Impulsivität und Leidenschaft hervor: „Es ist schon kurios: Auf der einen Seite werden Produkte mit starkem Eigengeschmack wie etwa Innereien abgelehnt, zum anderen aber immer mehr Lebensmittel aromatisiert oder bis zum Exzess verdichtet. Herrschaften, d-a-s k-a-n-n m-a-n n-i-c-h-t m-e-h-r e-s-s-en“, hält er ein flammendes Plädoyer für kulinarischen Purismus.
Und das in einer Wirkungsstätte, die eigentlich Opulenz vermuten lässt: das Palais Coburg ist ein weißer, imposanter Prachtbau, den Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha zwischen 1840 und 1845 im Stil des Klassizismus auf Fundamenten aus dem 16. Jahrhundert errichten ließ und den Peter Pühringers Privatstiftung mit einer Gesamtinvestition von 85 Millionen Euro 2003 neu erlebbar gemacht hat. Auf 16.000 höchst exklusiven Quadratmetern finden sich neben dem Luxushotel unter anderem oben in der Beletage die prächtigen Prunkräume, unten im Keller das einzigartige Weinarchiv mit 60.000 Bouteillen aus aller Welt bis ins Jahr 1727 und dazwischen das kulinarische Reich von Christian Petz. Das Restaurant für 70 Gäste ist in warmen Farben und in vergleichsweiser Schlichtheit gehalten.
Unprätentiös und geradlinig, dabei aber höchst anspruchsvoll, ist auch die Küche, die hier auf den Teller kommt. Und in erfrischender Weise auf das Wesentliche reduziert: „Schmecken soll’s.“ Technische Perfektion steht dafür als oberste Maxime über den Prämissen Optik und Kreativität. Firlefanz lehnt der 44-Jährige ab, künstliche Aromen sind im Petz’schen Wirken sowieso tabu, genauso wie alles, was zu populär ist. Von der Speisekarte hat der Produktfetischist daher einiges verbannt: Thunfisch, Zitronengras, Crème brûlée, Balsamico. Da kennt Petz kein Pardon: viel zu inflationär würden diese Dinge gebraucht, zu trendy seien sie, zu sehr Mainstream. „Nein, das kommt mir nicht auf die Karte.“ Balsamico beispielsweise „geht mir schon so was von auf die Nerven. An und für sich ist es ja ein gutes Produkt, aber damit wird extrem viel Schindluder getrieben. Er wird verwaschen bis zur Unkenntlichkeit“. Da forscht er im geliebten Piemont viel lieber nach vielversprechenden Pflanzen, probiert spezielle Tomatensorten beim Bauern seines Vertrauens, geht auf Entdeckungsreise nach neuen Ingredienzien. Mit seiner Brigade ist Petz damals vor der Restauranteröffnung sogar auf den Großmarkt Rungis bei Paris gefahren, um allen eine Vorstellung von der unendlichen Vielfalt und Qualität der Produkte zu geben.
Es sind vor allem auch die inneren Werte, die dem Coburg-Küchenchef etliche Aficionados beschert haben. Kutteln und Co. hat er längst salonfähig gemacht – aus Pragmatismus und aus Begeisterung gleichermaßen. Die Unterscheidung von wertvollen und weniger wertvollen Teilen bei Kalb und Co. findet er schlichtweg arrogant. Eine Tradition der österreichischen Küche zu wahren, ist ihm ebenso selbstverständlich wie das Handling – schon allein aufgrund seiner familiären Wirtshauswurzeln, „dort hatte man permanent damit zu tun und wusste daher, wie gut es sein kann“. Innereien sieht Christian Petz auch gerne als Pendant zur Luxusküche mit den ewig gleichen Produkten wie Hummer und Gänseleber – und als eine Möglichkeit, den verwöhnten, weit gereisten Gästen Spannung am Gaumen zu bieten. Daneben mag es Petz aber auch gerne klassisch, etwa in der Tradition großer Braten.
Apropos Tradition: Das gastronomische Blut ist ihm quasi schon in die Wiege gelegt worden. Bereits als Kind half er im elterlichen Gasthaus Strudengau in Grein an der Donau in Küche und Service mit. Die schulische Fachausbildung in Bad Ischl hat er aber bloß mit enden wollendem Ehrgeiz betrieben. Nach der 3. Klasse war Schluss, „die Schule hat mir schon getaugt, aber gelernt habe ich halt nix. Wir waren nur unterwegs, dementsprechend waren die schulischen Erfolge.“ Der zündende Funke für den Beruf als Berufung sprang an der Feuerstelle über – bei der Kochlehre im Restaurant-Café Gastein. Die Zeit war reif für Neues und Christian Petz geriet beim Praktikum im Ifen-Hotel im Kleinwalsertal in den Dunstkreis von Paul Bocuse und Heinz Winkler. Große Namen, große Küche. Beim Abheben auf dem Boden bleiben, das war die wahre Kunst: „Zuhause im Wirtshaus habe ich gelernt, wie man Kalbsbraten und Gulasch macht, auf der anderen Seite habe ich die Nouvelle Cuisine kennengelernt.“

Christian Petz im Palais Coburg mit seiner Crew Auf seinen Wanderjahren durch einige der besten Restaurants Mitteleuropas sog Christian Petz dann weitere essenzielle Meisterkochzüge ein: von Jörg Müller die Akribie, von Eckart Witzigmann den Fanatismus und das Durchhaltevermögen, von Werner Matt das Organisationstalent und die Kunst des Selbstmarketings. Warenverwertung bis zum Exzess war bei Jörg Müller Programm, „kein Stückchen Fleisch wurde weggeworfen, wenn irgendwie ein Haufen Fett übrig geblieben ist, dann haben wir das eingraben müssen, weil das nicht sein hat dürfen. Sonst hätten wir es selbst essen müssen. Aber das haben wir eh auch oft genug getan“, kann Petz heute milde darüber lächeln. Witzigmann lehrte ihn die bedingungslose Huldigung des Grundprodukts: „Alles war stets absolut frisch, wir durften so wenig wie nur irgendwie möglich vorbereiten.“ Der Mensch Witzigmann habe ihn gerade durch seine Härte und den Druck aber auch stark gemacht. Denn wenn das Donnerwetter vorbei war, war auch die Luft gereinigt. Die Kunst des Selbstmarketings zelebrierte Werner Matt, „aber da habe ich wahrscheinlich noch zu wenig gelernt, wie man sich im Betrieb und außerhalb verkauft, er hat das sehr gut gekonnt“, schmunzelt Petz.
Derart gewappnet, wartete im zarten Alter von 27 eine recht ordentliche Herausforderung: die Position des Küchenchefs im 5-Sterne-Relais & Châteaux-Hotel Post in Lech am Arlberg, „ich habe mich da blauäugig und unbesonnen hineingestürzt“. Wintersaisonstart, knallvolles Haus und als Draufgabe zum Einstand ein Gault-Millau-Dinner für 120 Personen. Petz sprang ins kalte Wasser – und ging nicht unter. Ganz im Gegenteil, bald schmückten zwei Hauben sein Haupt. Ehefrau Regina, seine zwei Söhne (heute sind es drei) und die Annonce „Zweihaubenküchenchef sucht neue Herausforderung“ führten ihn damals zurück nach Wien. Die Kunst der Haubenvermehrung zelebrierte er auch da im Fast-forward-Stil: Das Palais Schwarzenberg und ab 1999 Meinl am Graben führte er zu höheren kulinarischen Weihen, bis die Möglichkeiten seiner Ansicht nach ausgereizt waren.
Das Projekt Palais Coburg kam da gerade recht. Der gebürtige Oberösterreicher hatte bereits gekündigt, noch bevor ein neuer Job in Aussicht war. Wenn Petz sprang, dann immer ohne Sicherheitsnetz. Die Gesamtleitung lehnte er ab, er wollte sich weiterhin auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, „auch weil ich in Sachen Hotel keine oder nur wenig Ahnung hatte“.
Und heute? 3 Hauben, 18 Punkte, 1 Stern – so lautet die momentane Bilanz. Betonung auf momentan, denn Petz ist ständig auf der Suche nach dem Nächstbesseren. „Es ist bestimmt ein Meilenstein, wenn man die dritte Haube bekommt, das lässt einen natürlich auf die vierte schielen und spornt an. Das Ziel muss immer eine höhere Bewertung sein, sonst hat man keine Existenzberechtigung.“ Sein Blick in die Zukunft ernüchtert nur kurz, denn nach seinen Plänen gefragt, sagt er: „Weniger arbeiten.“ Aber das glaubt man nicht wirklich. So wird wohl auch sein Lieblingsprojekt – Ernährungslehre schon ab dem Volksschulalter, um den Kindern ihren Geschmackssinn zurückzugeben – weiterhin ein besonders liebevoll gehütetes, aber dennoch nur gedankliches Steckenpferd sein.

der Festsaal des Palais Coburg>> Christian Petz im Zeitraffer

Bereits im elterlichen Gasthaus Strudengau in Grein an der Donau half Christian Petz als Kind mit. Seine Ausbildung an der Hotelfachschule brach er nach drei Jahren ab und machte stattdessen eine Kochlehre im Restaurant- Café Gastein, die er im Ifen-Hotel Kleinwalsertal fortsetzte. Auf seinen Wanderjahren machte er in Jörg Müllers Restaurant Nösse auf Sylt, im Königshof München, in Eckart Witzigmanns Restaurant Aubergine und bei Werner Matt im Hotel Hilton Plaza in Wien Station. Mit 27 wurde er als Küchenchef ins Hotel Post in Lech am Arlberg berufen. Zurück in Wien, führte er die Küche im Palais Schwarzenberg und im Meinl am Graben zu höheren Weihen. Seit 2003 ist er im Palais Coburg Küchenchef.

>> Im Wort

Mein erstes Geld …
… habe ich mit Servieren verdient und für einen Kassettenrekorder ausgegeben.

Ich bereue …
… eigentlich gar nichts. Ich habe meines Erachtens keine großen Fehler in meinem Leben gemacht. Und jene Fehler, die ich gemacht habe, die waren auch notwendig.

Mir imponieren …
… Menschen, die beruflich erfolgreich sind und trotzdem ein ausgeglichenes Privatleben haben.

Ich wollte schon immer einmal …
… weniger arbeiten.

Mein Führungsstil …
… ist liberal-autoritär.

Mein Traumurlaub
Eine kulinarische Reise durch Japan. Die habe ich mir schon lange vorgenommen, aber noch nicht in die Tat umgesetzt.

TV-Köche
Nehmen sich selbst zu wichtig und werden auch für zu wichtig gehalten.

Meine größte Stärke
Umsicht und komplexes Denken.

Meine größte Schwäche
Inkonsequenz.

Zur Weißglut treiben mich …
… Dummheit und Arroganz.

Christian Petz mit seiner SchokotarteNyangbo-Schokotarte
mit Yuzu und Thaimango

Rezept für 6 Personen

Yuzu-Creme
ca. 5 ml Yuzusaft
50 g Zucker
100 ml Obers
60 g Eigelb
100 ml Milch

Alle Zutaten zusammen gut verrühren und in kleine Silikonformen portionieren. Mit Plastikfolie abschließen und im Dampfgarer bei 92° C ca. 18 min. pochieren. Danach kurz einfrieren, stürzen und mit Nyangbo-Schokolade dünn überziehen.

Nyangbo-Mousse
50 ml Obers
110 g Nyangbo-Bitterschokolade
68 % (Valrhona)
20 g Eigelb (pasteurisiert)
90 g Eiweiß (pasteurisiert)
15 g Zucker
1 Bl. Gelatine, Salz

Obers mit Salz erhitzen, Gelatine zugeben und mit der Schokolade zu einer glänzenden Ganache verarbeiten. Eigelb unterrühren, Eiweiß mit Zucker aufschlagen und zuerst ein Viertel des Eischnees kräftig unterrühren, danach vorsichtig den restlichen Schnee unterheben. Ring mit ca. 5 cm Durchmesser zu 2 cm Höhe füllen. Die vorbereiteten Yuzu-Cremen in die Mitte als Kern drücken und mit einer Scheibe Schokobiskuit abschließen. 2 bis 3 Stunden in der Kühlung fest werden lassen, aus dem Ring nehmen und evtl. mit Sprühschokolade besprühen.

Vanillesud
100 g Mangomark
50 g Passionsfruchtsaft
50 g Kokosmilch
10 g Limettensaft
10 g brauner Zucker
1 Schote Tahitivanille
15 cl brauner Rum

Alles zusammen kurz erwärmen, passieren.

Außerdem
1 Thaimango

Würfel mit ca. 1,5 cm Größe schneiden, in einer beschichteten Pfanne karamellisieren und mit dem Vanillesud ablöschen, warm servieren.

>> Kontakt

Palais Coburg
Restaurant Coburg
Coburgbastei 4
1010 Wien
+43 (0) 1/518 18-800
www.palaiscoburg.com 

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