Vorsicht, Trugbilder!
Ich sage immer: Ich gehe in kein Restaurant, das Fotos auf der Speisekarte hat. Denn dort beginnt die Schere zwischen Bild und Wirklichkeit. Heute aber hat diese Schere eine unkontrollierte Verlängerung gefunden – sie setzt sich digital unendlich fort.
Ich sage immer: Ich gehe in kein Restaurant, das Fotos auf der Speisekarte hat. Denn dort beginnt die Schere zwischen Bild und Wirklichkeit. Heute aber hat diese Schere eine unkontrollierte Verlängerung gefunden – sie setzt sich digital unendlich fort.
Wir emotionalisieren mit instatauglichen Bildern, verlieren dabei aber oft die Seele des Produkts. Eines gleich vorweg: Ja, ein perfektes Bild kann Gefühle wecken. Aber ein ehrlicher Teller schafft Vertrauen. Und genau hier beginnt die eigentliche Herausforderung: Wie gelingt der Mittelweg? Keine einfache Sache.
Tatsache ist: Wir leben in einer Zeit, in der Essen oft schöner aussieht, als es schmeckt. Auf Instagram glänzen Teller, auf TikTok dampfen Pasten – und alles wirkt so perfekt, dass man meint, man könne den Geschmack schon durch den Bildschirm riechen.

Nur: Genau das ist der Trugschluss. Wir verwechseln Form mit Inhalt, Oberfläche mit Substanz. Natürlich, Bilder gehören heute zur Gastronomie wie das Salz zur Suppe. Wer online nicht sichtbar ist, existiert gefühlt nicht. Aber irgendwo zwischen Filter, Foodstyling und KI-generierter Perfektion haben wir vergessen, worum es eigentlich geht: um Geschmack. Um Handwerk. Um Ehrlichkeit.
Ein Gericht ist erst dann gut, wenn es schmeckt – nicht, wenn es im perfekt ausgeleuchteten Mini-Studio glänzt. Ich sehe viele Betriebe, die sich in diese Falle manövrieren: Hauptsache, das Foto passt ins Grid, Hauptsache, es sieht nach „Fine Dining“ aus. Doch wenn das, was serviert wird, nicht hält, was das Bild verspricht, wird die schönste Inszenierung zur Enttäuschung. Ein Foto ist ein Versprechen – und das muss man geschmacklich halten können. Sonst ist der Gast nicht nur enttäuscht, er fühlt sich hinters Licht geführt. Eine Emotion, die man mit keinem „Drink aufs Haus“ wieder gutmachen kann.
Mein Appell: Erst die Hausaufgaben am Herd, dann das Licht fürs Foto. Zuerst der Geschmack, dann das Bild. Wer Authentizität will, muss sie leben – nicht inszenieren.
Und wenn ein Gericht rustikal, bodenständig oder unfotogen ist, aber fantastisch schmeckt? Dann ist genau das seine Stärke. Wir dürfen nicht zulassen, dass Social Media unsere Sinne betäubt. Gäste kommen nicht, um ein Motiv zu essen, sondern um Genuss zu erleben. Wenn wir weiter nur für Likes kochen, verlieren wir das, was uns ausmacht: verdammt gutes Essen.