Foie gras ohne Stopfen: Wie tierfreundlichere Fettleber das brutale Luxusprodukt in Frage stellt

Foie gras – Stopfleber – gilt als Luxus und Tradition, dabei ist sie in vielen Ländern verboten. Doch Entwicklungen zeigen, dass sie auch ohne Stopfen der Tiere möglich ist. Doch wie bereit ist die Branche für diesen Schritt?
November 27, 2025 | Text: Miriam Pilko | Fotos: Shutterstock / Unsplash

Sie ist aus der Fine-Dining-Küche kaum wegzudenken: Die Foie gras, zu Deutsch “fette Leber”. Seit Jahrtausenden werden Gänse oder Enten für diese Delikatesse gemästet – in vielen Ländern ist diese Art der Stopfmast verboten. Doch gibt es Möglichkeiten, eine Gänsestopfleber auch ohne Stopfen zu erhalten.

In manchen Ländern eine Luxus-Delikatesse, in anderen verbotene Tierquälerei – Foie gras | Foto: Unsplash
In manchen Ländern eine Luxus-Delikatesse, in anderen verbotene Tierquälerei – Foie gras | Foto: Unsplash

Sie ist aus der Fine-Dining-Küche kaum wegzudenken: Die Foie gras, zu Deutsch “fette Leber”. Seit Jahrtausenden werden Gänse oder Enten für diese Delikatesse gemästet – in vielen Ländern ist diese Art der Stopfmast verboten. Doch gibt es Möglichkeiten, eine Gänsestopfleber auch ohne Stopfen zu erhalten.

In manchen Ländern eine Luxus-Delikatesse, in anderen verbotene Tierquälerei – Foie gras | Foto: Unsplash
In manchen Ländern eine Luxus-Delikatesse, in anderen verbotene Tierquälerei – Foie gras | Foto: Unsplash

Die ägyptische Honig-Gans

Die Geschichte der Foie gras ist jahrtausendealt. Bereits um 2.500 v.Chr. wurden Gänse – teilweise mit Honig – gefüttert und gemästet, um sie schneller fett zu machen. Das Fleisch wurde nach Überfütterung als besser empfunden – vor allem die Leber. Die Tatsache, dass Gänse von Natur aus gern fressen, um für den Winterflug gerüstet zu sein, spielte den Menschen dabei in die Karten.

Heute ist die Stopfleber in vielen Ländern eine Delikatesse, aus der Haute Cuisine ist sie kaum wegzudenken. In Frankreich werden jährlich über 20.000 Tonnen Foie gras produziert – das sind rund 60 Prozent der weltweit produzierten Stopfleber.

Beim Stopfen werden in den letzten 15 bis 20 Tagen des Gänse- oder Entenlebens mehrmals täglich große Mengen Mais in den Magen der Tiere gepresst. Dafür wird ein langes Metallrohr in ihren Hals eingeführt. 

Dadurch bilden die Tiere eine Fettleber aus, die etwa das Zehnfache einer gesunden Leber wiegt. Sie erreicht durch die Zwangsfütterung ein Gewicht von etwa 700 Gramm und ein Fettgehalt von bis zu 60 Prozent.

Delikatesse durch Tierquälerei

Was in Ländern wie Frankreich, China oder Kanada als absolute Delikatesse gilt, ist in anderen Ländern illegal.

Seit 1999 ist die Stopfmast in der EU aus Tierschutzgründen verboten, da sie ethisch kritisiert wird. 

Frankreich umging das Verbot, indem das Land Foie gras im Jahr 2005 zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe erklärte. Auch in Ungarn, Bulgarien, Spanien und Belgien wird das Verbot heute umgangen und in kleinem Ausmaß Stopfleber produziert.

In Ländern, in denen die Stopfmast verboten ist, ist der Import und Verkauf allerdings dennoch zugelassen. 

Vertretbare Fettleber-Möglichkeiten

Im Jahr 2025 ist schon so einiges möglich. Neben veganen Foie-gras-Optionen, die es mittlerweile zu kaufen gibt, haben einige Experten verschiedene Wege gefunden, um Fettlebern ohne das qualvolle Stopfen zu erhalten.

Nachträgliches Auffetten bei Happy Foie

Das Team um den Koch und Essensexperten Tobias Sudhoff hat eine Möglichkeit gefunden, die Leber von artgerecht aufwachsenden nach der Schlachtung mit Bio-Fetten “aufzufetten”. 

2016 kam Sudhoff auf die Idee, das einzigartige Geschmackserlebnis der Stopfleber mit weniger Tierleid entwickeln zu wollen – und nach Monaten hatte er ein Produkt entwickelt, das wie eine Bloc Foie gras schmeckt, ohne dafür ein Tier zwangsfüttern zu müssen.

Laut Hersteller wurde bei zahlreichen Blindverkostungen festgestellt, dass das Produkt mit Spitzenprodukten aus Frankreich mithalten könne. 

Das Verfahren ist ein kompliziertes, bei dem Temperaturen und damit einhergehende chemische und physikalische Prozesse eine wichtige Rolle spielen. 

 

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Enzyme statt Mast

Auch der Physiker Thomas Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz hat zusammen mit Kollegen der University of Southern Denmark eine Methode entwickelt, die ganz ohne Zwangsfütterung der Tiere eine gute Foie gras produzieren kann. 

Hierbei werden natürliche Zutaten wie Haut und Knochen der Tiere verarbeitet. Durch den Einsatz von den Verdauungsenzymen Lipasen, die auch im Körper des Geflügels vorkommen, werden Textur, Elastizität und Schmelz der Leber beeinflusst. 

Durch die Behandlung des Fetts mit den Enzymen konnte das Forschungsteam einen Prozess nachbilden, der auch während des Stopfens im Körper der Tiere abläuft. Fettpartikel entstehen, die der Foie gras eine besondere Textur geben. 

Das Mysterium Eduardo Sousa

Einer der bekanntesten Botschafter für stopffreie Fettleber ist der südspanische Bauer Eduardo Sousa, dessen „ethische Foie gras“ weltweit Aufmerksamkeit bekommt. Auf rund 500 Hektar leben bei ihm 1.000 bis 1.500 Gänse völlig frei. Sie fressen, was und wie viel sie möchten – Sousa versteht seinen Hof als Lebensraum der Tiere, nicht als seinen eigenen. Er denkt Nutztierhaltung radikal aus Sicht der Tiere und verzichtet weitgehend auf Eingriffe oder Manipulation.

Sein Land liegt im Zugkorridor von Graugänsen. Jedes Jahr rasten dort etwa 40.000 Tiere, wodurch Sousas eigenen Gänsen der natürliche Instinkt erhalten bleibt, sich für den Vogelzug freiwillig mit Eicheln, Kräutern, Oliven und Lupinen vollzufressen. Der einzige Eingriff ist ein elektrifizierter Außenzaun, der sie vor Füchsen und Dachsen schützt, ihnen jedoch jederzeit freien Zugang zum Gelände lässt.

Sousas Fettleber ist zwar weniger fett als klassische Stopfleber, überzeugt aber durch eine komplexe, leicht nussige Würze. International genießt sie hohes Ansehen – auch wenn manche nur ungern zugeben, dass eine nicht-französische und ungest stopfte Foie gras so gut schmecken kann.

Warum sind tierfreundlichere Methoden nicht längst Standard?

Doch wenn es längst Möglichkeiten für eine ethisch bessere Fettleber gibt – warum werden sie kaum genutzt? 

Ein wesentlicher Grund ist Skepsis: Viele wollen ein traditionsreiches Produkt nicht durch eine „erste Alternative“ ersetzen. In Frankreich kommt der kulturelle Aspekt hinzu, denn Foie gras gilt dort als identitätsstiftend und wird ungern infrage gestellt.

Auch innovative Verfahren wie das patentierte System aus Mainz unter Thomas Vilgis finden bislang keinen Hersteller, der sie großflächig einsetzen möchte. Dabei wären tierfreundlichere Methoden nicht nur ethisch sinnvoll, sondern besonders in Ländern mit Stopfmast-Verbot auch wirtschaftlich attraktiv. Letztlich mangelt es weniger an Lösungen – sondern an der Bereitschaft, etablierte Gewohnheiten zu verändern.

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