Das letzte Interview mit Metro CEO Olaf Koch

Olaf Koch – der weltweite CEO der Metro – verlässt den Handelskonzern mit 31.12.20. Was wird aus der eingeschlagenen Strategie? Welche Auswirkungen hat dies auf die Gastronomie? Wir haben den Boss von 97.000 Mitarbeitern zum großen Abschlussinterview getroffen.
Dezember 18, 2020 | Fotos: Monika Reiter

Mit 1. Jänner 2021 legt Metro CEO Olaf Koch sein Amt offiziell nieder. Im exklusiven Interview spricht der deutsche Ausnahmemanager über Stolpersteine, Meilensteine und darüber wie er den acht Milliarden Euro schweren Schuldenberg abgetragen hat.

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Elf Jahre lang gab Top-Manager Olaf Koch beim Deutschen C&C-Giganten den Ton an. Mit 1. Jänner endet seine eindrucksvolle Ära.

Jürgen Pichler: Die elf Jahre, in denen du bei METRO bist, waren eine Zeit der kompletten Transformation. Du bist 2009 als CFO gekommen, 2012 wurdest du CEO. Die METRO war damals ein angeschlagenes Schiff. Jetzt ist sie ein gesundes Schiff – mit großen Plänen noch dazu. Warum verlässt du als Kapitän das Schiff ausgerechnet jetzt?

Koch: Diese Frage habe ich mir auch selber gestellt. 2012, als ich das Amt übernommen habe, habe ich mir vorgenommen, diese Firma zukunftsfähig zu machen. Das heißt: Zurückzuführen zum Großhandel, die enorme Schuldenlast zu reduzieren. Das ist gelungen: Wir hatten 8 Milliarden Schulden und haben 7 davon abgetragen. Aber vor allem wollten wir wieder eine Vitalität erzeugen und die Relevanz für die Zielgruppen, die wir unterstützen, steigern. Wenn man sich so etwas vornimmt, wünscht man sich natürlich, dass es schnell geht. Aber im echten Leben sind eben mehr Klippen und Hürden auf dem Weg, als man anfangs sieht. Das waren ja doch 11 Jahre, die sehr intensiv waren – aber mit dem Verkauf von REAL, und das war der schwierigste letzte Schritt, sind wir im Juni im Grunde genommen genau dort angekommen, wo ich hinwollte. Und dann kam Covid. Und als dann klar war, dass METRO selbst dann in der Lage war, zu punkten und sich zu verstärken, kamen mir im Sommerurlaub x Gründe, warum ich bleiben sollte. Gleichzeitig sagte ich mir auch: Belüg dich nicht selber. Du warst neun Jahre CEO, doppelt so lange wie ein durchschnittlicher CEO. Du sagtest selbst, dass wenn du das erreicht hast, gehst du weiter. Ich denke, jetzt gebe ich das Unternehmen in einem sehr guten Zustand weiter und in gute Hände von zwei Kollegen, die das weiterführen. Deswegen war es auch der richtige Zeitpunkt.

Du hast Schulden abgebaut, dich auf die Gastronomie konzentriert, du hast die METRO für die Digitalisierung fit gemacht. Gab es von Anfang an diesen Masterplan oder ging das eher step by step?

Koch: Es wäre frivol zu sagen, dass alles genau geplant war, wie es letztlich gekommen ist. Das war’s natürlich nicht. Was mir aber schon klar geworden ist als CFO in den ersten zwei Jahren war, dass das Großhandelsgeschäft von den 4 Geschäften, die wir hatten, mit Abstand das mit dem meisten Potential war. Das lag auch daran, dass man eine große Nähe zum Kunden aufbauen kann und die Umsätze pro Kunde auch deutlich über denen im Einzelhandel liegen. Man kann sich auch auf ihn einlassen, ja muss es, um noch bessere Sortimente und Dienstleistungen anzubieten. Und das gibt dir einfach eine Plattform, die du so im normalen Einzelhandel nicht bauen kannst. Außerdem: Es war damals schon klar, dass wir Dinge ausbauen müssen. Dass wir uns mit Innovationen anders auseinandersetzen sollten. Und das haben wir dann ab 2015 forciert. Der letzte Aspekt schließlich war folgender: METRO wurde immer aus dem Zentrum gesteuert. Es war ein Konzern, der aus Düsseldorf geführt wurde. Und wenn wir dann hingeschaut haben, wo die besten Großhändler waren, dann waren die immer lokal. Immer regional. Deshalb haben wir 2016 entschieden, wir geben die ganze Kraft und das Unternehmertum in die lokalen Mannschaften, natürlich stark begleitet und gefördert durch das HQ. All diese Dinge kamen mit der Zeit und natürlich mit guten Kollegen. Das hat uns geholfen das Unternehmen zu erneuern.

Du brauchst Geduld. Kultur ist harte Arbeit.
Olaf Koch über seine Unternehmensphilosophie

Du hast die METRO ja nicht nur neu positioniert, sondern auch von der DNA neu umgekrempelt. Da sind Leute, wo ich heute sage, die könnten auch bei Startups arbeiten, mit so einer Persönlichkeit und eine Innovationskraft, wo man merkt: Da hat sich viel getan. Du hast 97000 MA. Wie war das für dich, sie alle auf Schiene zu bringen? Mit ihnen die DNA eines Weltunternehmens zu verändern? Wie schafft man das?

Koch: Nur im Kollektiv. Das kann man alleine nicht schaffen. Und nur, wenn man wirklich dieses Thema Unternehmenskultur zu einer Priorität macht. Das war vorher nicht so. Wir waren davor kennzahlengetrieben und prozessgetrieben. Da muss man ganz fair sagen: Das hat METRO in dieser Zeit erfolgreich gemacht. METRO hat tolle Zahlen geschrieben, indem es Dinge wiederholt hat. Gleicher Store. Gleicher Prozess, gleiche Werbung, in vielen verschiedenen Ländern. Das war super. Nur: In der Zeit, in der ich begonnen hatte, war das einfach nicht mehr adäquat. Da wurde immer mehr Lokalität und Innovation zu Orientierungseckpfeilern. Mit der Durchdringung der Digitalisierung war letztlich auch jeder – Stichwort Smartphone – in der Lage, die Alternativen zu suchen und zu finden. Ich hatte das Glück, dass ich einen Personalvorstand bei mir hatte, den Heiko Hutmacher, der eine solche kulturelle Transformation schon mehrfach gemacht hatte. Unter anderem bei der IBM. Wir hatten ein Programm angelegt, das hieß Leadership for growth. Das fing also mit den Führungskräften an. Wir haben da unter anderem angefangen, die Leistungsbeurteilung zu 50 Prozent an Kennzahlen und 50 Prozent am Verhalten auszurichten. Da gab es Verhaltensparameter, die im Rahmen von der Personalgesprächen zweimal im Jahr reflektiert wurden. Es gab also Outperformer bei uns, die tolle Kennzahlen geliefert hatten, aber vom Verhalten her einfach nicht zu uns gepasst haben. Wo ich dann auch sagte: „Lass mich dir helfen, dass wir es schaffen, dass du Teil dieser neuen Kultur werden kannst.“ Bei vielen hat’s gekappt, bei einigen nicht. Von denen haben wir uns dann auch getrennt. Wir haben dann auch angefangen zu messen, bei jeder Führungsebene: Wie sind die Leute bei uns? Das nennt sich Engagement score. 2012 war der bei 60. Das ist unter dem Durchschnitt des Handels, dort liegt er nämlich bei 63. Als wir das gemessen haben, haben die Leute natürlich auch den Druck verspürt. Denn wenn die Zahlen nicht da waren, musstest du etwas tun. Heute liegen wir bei einem score von 79. Damit sind wir ganz vorne. Was ich damit sagen will: Du brauchst die richtigen Leute mit den Kompetenzen, du brauchst ein Programm und schließlich eine Systematik, mit der du das steuerst. Und last but not least: Du brauchst Geduld. Kultur ist harte Arbeit.

Mit der Gastronomie ist es ja eine ganz andere Arbeit als mit anderen Händlern. Kannst du über diesen Prozess etwas erzählen?

Koch: Wir hatten damals einen Umsatzanteil von 40 Prozent für die Gastronomie. Heute sind es 50 Prozent. Ich hatte natürlich das große Glück, dass wir ein Land hatten, das komplett aus dem System gesprungen war, und das sich die Freiheit genommen hatte, alles ganz anders zu machen. Das waren die Franzosen. Und die Franzosen waren eigentlich so eine Art Vorbote für das, was wir heute auch in anderen Ländern in der Gastronomie machen. Hohe Wertschätzung für die Branche, eine Liebe zur Gastronomie, Liebe zu den Lebensmitteln, ein ehrliches, natürliches Interesse vom Kunden zu hören, was man besser machen kann, wo es zwickt, wo es fehlt. Und davon haben wir alle gezehrt. Die französische METRO war schon 2012 ganz vorne. Innerhalb der METRO selber, aber auch in Frankreich selbst. Wir sind in Frankreich tatsächlich der Marktführer. Von Frankreich haben wir gelernt, vieles zu übernehmen, und zwar mit Stolz. Natürlich haben wir vieles anders appliziert, mit ganz eigenen nationalen Versionen. Und wenn du es einmal schaffst, den Kunden für dich zu gewinnen, dann schreibt dir eigentlich der Kunde die Strategie.

Dein persönlicher Zugang zur Gastronomie dürfte sich dadurch auch verändert haben, nehme ich an, oder?

Koch: Ja. Vor der Metro war mein Bezug lediglich mein Nachname. Ich hatte damals auch noch nicht erkannt, welche Power in der Gastronomie steckt. Und welche unternehmerische Kreativität, aber auch welche kulturelle Kraft da drinsteckt. Da ist ja das Schöne an der Branche. Sie ist kulturell so divers wie man sich das kaum vorstellen kann. Es gibt ja nicht nur die französische Küche. Es gibt auch die Provence, die Bretagne, und so weiter. Heute, finde ich, werden diese Menschen auch viel mehr wertgeschätzt von der Gesellschaft. Da hat sich definitiv etwas getan. Es geht ja nicht nur um das Verzehren von Speisen, sondern auch um das Erleben von Momenten. Es kommt immer mehr ins Bewusstsein der Menschen, dass die Gastronomie eine echte Bereicherung ist für unser aller Leben.

Wenn jetzt ein Kunde kommt und sagt, er braucht genau dieses Radieschen aus Lateinamerika, dann werden wir uns einen Arm ausreißen, um ihm das zukommen zu lassen.
Perfekte Dienstleistung hat für Olaf Koch absolute Priorität

Gibt es aus deiner Sicht ein Best-practice-Beispiel aus einem Learning, das ihr direkt aus der Kundensicht übernommen habt? Im Sinne von: Da wärt ihr nie von alleine draufgekommen?

Koch: Etliche. Wir haben lange Zeit die Meinung vertreten, das Sortiment anhand von ökonomischen Kennziffern zu definieren. Aber in dem Moment, wo wir vermehrt angefangen haben, dem Kunden wirklich zuzuhören und anhand seiner Inputs das Sortiment zu entwickeln, regional und national, haben sich die Dinge dramatisch verändert. Als Beispiel möchte ich nochmal die Franzosen hernehmen. Die haben im Store ein Prinzip, das sich „Brigade“ nennt. Und die haben pro Laden 5 verschiedene Zielgruppen, heißt: Sie konzentrieren sich auf 5 verschiedene Formate. Und das variiert pro Laden. Das ist in Marseille anders als in Perpignan. Die Kolleginnen und Kollegen sind nicht verpflichtet, in so einer Brigade zu arbeiten. Sie treffen sich dreimal die Woche, morgens vor der Arbeit, und reden nur darüber, wie beispielsweise in Lyon, was sie in den letzten zwei Tagen beobachtet haben. Im Sinne von: Wie hat der Kunde uns Rückmeldung gegeben? Was hat er gefragt? Was hat ihm gefehlt? Und so ändern sie, auf einer kontinuierlichen Basis, Sortimente, Layout, Service, Kundenansprache, alles – und das nur, indem sie aufmerksam zuhören! Das ist so ein Wow-effekt, wenn du das beobachtest, wie die Leute das freiwillig machen. Ich bin tatsächlich einmal mit dem CEO eines großen französischen Lebensmittelherstellers durch den METRO-Store gegangen und habe ihm gesagt: „Wenn jetzt ein Kunde kommt und sagt, er braucht genau dieses Radieschen aus Lateinamerika, dann werden wir uns einen Arm ausreißen, um ihm das zukommen zu lassen.“ Der CEO glaubte mir das nicht und fragte dann einen Kunden im Store, der ihm versicherte: „Klar, das macht die METRO.“

Sprechen wir über die Digitalisierung. Wie kamst du auf die Idee, diesen Weg so konsequent zu beschreiten.

Koch: Durch Beobachtungen. Die erste: Dass die Systemgastronomie seit jeher in die Digitalisierung investiert und dadurch einfach bessere Wirtschaftlichkeit erzielt. Das habe ich bereits 2013 gesehen. Das zweite war: Dass viele Selbstständige in der Gastronomie, was die Technik betraf, nicht wirklich mit Antennen ausgestattet waren. Und dass die großen Technik-Unternehmen das zwar wissen, aber trotzdem nicht an diese Unternehmen herankommen. Weil es einfach zu vielschichtig ist. Wie also vorgehen? Für mich war klar: Es braucht die richtigen Ideen und es braucht das Vertrauen des Kunden. 2016 haben wir also angefangen, die Accelerator-Programme zu fahren. Damals, muss ich ganz offen sagen, war ich der Meinung, wir würden das ausschließlich mit Start-ups hinbekommen. Das war auch eine Lernerfahrung. Denn viele von ihnen konnten die Plattform nicht so schaffen, die mit der richtigen Sprache an die Gastronomen und Unternehmern herangetreten ist. Viele Gastronomen verstanden das damals nicht, was nicht an ihnen lag, sondern an der Kommunikation. Da wussten wir, dass wir die Plattform selbst in die Hand nehmen müssen. Und das war der Start von Dish. Dish, das ist unsere Plattform, in der wir all unsere digitale Produkte platzieren. Das Einstiegsprodukt ist super simpel und kostenfrei – aber ehrlicherweise auch alternativlos: Das ist die Onlinepräsenz. Wenn du online nicht präsent bist, dann finden dich die Millenials nicht und die Generation Z auch nicht. Denn die suchen ausschließlich online. Heute haben wir über 200.000 Restaurants, die diese Online-Präsenz von uns nutzen und mit der sie innerhalb von zehn Minuten im 21. Jahrhundert angekommen sind. Und sobald du merkst, dass das erste Produkt einen positiven Effekt auf dein Geschäft hat, dann wirst du auch anfangen, die anderen Produkte zu nutzen, wie unser Reservationstool beispielsweise. Deswegen haben wir heute auch ein Profil als Firma, mit dem uns große Tech-Unternehmen ernst nehmen. Das war vor zweieinhalb Jahren noch anders. Heute sind wir ein preferred Partner von Google.

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Die richtigen Mitarbeiter sind für Olaf Koch nicht immer nur die High-Performer, sie müssen auch mit ihrer Persönlichkeit ins Unternehmen passen.

Ihr habt auch während des Lockdowns unheimlich viele Sympathien gewonnen. Angefangen bei der Verlängerung der Zahlungsziele bis hin zu ebendiesen digitalen Produkten. In der Krise lernt man bekanntlich den wahren Charakter der Menschen kennen. Trotzdem hat Martin Behle in unserer Zusammenarbeit oft gesagt, wir nehmen uns zurück als METRO, wir konzentrieren uns auf den Service, es muss nicht immer METRO überall stehen. Ist da ein Konzept dahinter?

Koch: Bei all den Dingen, die direkt von der METRO kommen, sind wir schon daran interessiert, die Marke klar zu positionieren. Wenn es um gemeinsame Aktionen geht, die für die Branche sind, gebührt es einfach auch der Demut, dass man selber nicht zu laut wird. Das ist für die Sache und für das Vertrauen gut.

Welche Aussichten siehst du für die Gastronomie aus der Sicht des Händlers?

Koch: Wir haben sicher schwierige Wochen vor uns. Aber grundsätzlich bin ich optimistisch für das Jahr 2021. Ich persönlich gehe für einen Boom aus für die Gastronomie. Die Millenials und die Generationswechsel Z haben als Prioritäten das Beisammensein, das Genießen und die gesunde Ernährung. Das war früher ja anders bei anderen Generationen. Für die Gastronomie wird sich eine Chance ergeben, Prozesse zu justieren und die digitalen Springboards zu nutzen.

Gibt es Tools von euch, die unterstützen, wenn ich sage: Ich gründe und ich treffe mit der METRO eine Vereinbarung, im Rahmen derer ich unterstützt werde?

Koch: Wir haben in allen Ländern Programme, die dir helfen, deinen neuen Gastronomiebetrieb zu starten. In Deutschland gibt es Empfehlungen für Dinge, die du machen solltest und Dinge, von denen du die Finger lassen solltest, weil das die üblichen Fehler sind. Wir werden uns da in den kommenden Jahren sicherlich noch weiterentwickeln. Unsere Kooperation mit PENTAGAST ist da sicher auch perfekt geeignet, die richtigen Gerätschaften auszuwählen zu den richtigen Konditionen. Aber stay tuned, weil da würde ich sagen, da kommt noch viel.

In welche Richtung wird sich der Markt deiner Meinung nach entwickeln?

Koch: Ich bin überzeugt davon, dass sich der Markt der Lebensmittelgroßhändler konsolidieren wird, denn die Top 5 in den meisten Länder repräsentieren gerade einmal 40 Prozent des Markts. Das ist also ganz anders als im Lebensmittel-Einzelhandel, wo europaweit die Konsolidierung eigentlich schon fast abgeschlossen ist. Weil es auch Kartell-rechtlich nicht mehr möglich ist, dass noch weiter konsolidiert wird. Das ist im Großhandel fundamental anders. Wir haben die Kombination aus C&C und Zustellung, wobei wir bereits bei knapp einem Fünftel in der Zustellung sind, und wissen, dass wir in diesem Bereich noch Luft nach oben haben. Einmal was das Sortiment angeht, aber auch, was die Belieferungsformate angeht und die Kundenreichweite. Wir haben in Portugal kürzlich mit Aviludo einen Unternehmen übernommen, das dort die Nummer zwei ist, hohe Kompetenz im Fleischbereich hat und einen Kundenstamm von über 13.000 Kunden. Eine ideale Ergänzung zu der ohnehin schon starken Leistung des portugiesischen METRO Geschäfts. Und so etwas wird METRO in Zukunft häufiger tun. Dabei wird es unterschiedliche Varianten geben. Es kann auch sein, dass wir direkt Großhändler unterstützen, vielleicht partnern, andere werden wir übernehmen. Da ist die Spielwiese auch ziemlich breit. Der Markt wird sich definitiv konsolidieren und dadurch, dass wir zwei Milliarden liquidiert haben, ist unsere Tasche prall gefüllt. Bei aller Demut wird Metro in der Zukunft bei der Gestaltung dieser Branche mitwirken und nicht abwarten.

Wie kann man sich dein Ausscheiden konkret vorstellen? Wirst du dem Unternehmen in irgendeiner Form erhalten bleiben?

Koch: Formal ist es definitiv so, dass ich mit 31.12 aus dem Unternehmen raus bin. Und dann werde ich mich zurückhalten, das gehört sich auch so. Auf der anderen Seite haben wir eine neue Doppelspitze, von der ich total überzeugt bin und irgendwann wird es dann zum Wechsel bzw. zur Nachfolge kommen. Darum will ich da auch nicht vorgreifen. Aber es gibt einen wichtigen Grund, warum ich ruhigen Gewissens von Board gehen kann. Die Erfolge hängen nicht mehr von Einzelnen ab, sie werden von starken regionalen Teams getragen, die Digitalisierung wird von Hospitality – wo wir eine super Mannschaft haben – vorangetrieben. Metro Markets wird von einem der stärksten Player im Spiel geführt. Es wird aber Veränderungen geben. Es wäre total naiv zu glauben, dass sich da nichts ändert, aber in den Grundfesten haben wir tatsächlich so viel Potenzial, dass es aus meiner Sicht unternehmerisch Sinn macht, die Kontinuität fortzuführen.

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Mehr als nur ein Job. Wie es für den scheidenden Metro CEO in Zukunft weitergeht, weiß er selbst noch nicht so ganz genau.

Wenn wir in diese Zukunft blicken würden, wo siehst du die Metro 2025?

Koch: Ich würde sagen, dass sich das Unternehmen dann noch weiter als Großhändler der Wahl differenziert hat mit einzigartigen hochqualitativen Sortimenten, einem hybriden Modell aus Store und Delivery, mit der breitesten Spanne an Dienstleistungen und digitalen Lösungen und damit ein Geschäftsmodell betreibt, das so kein anderer betreiben kann. Denn das darf man nicht unterschätzen. Es kostet Geld, all diese Dinge zu entwickeln und das kann sich ein Konzern mit der Größe der Metro leisten – wo ein lokales Unternehmen nicht mithalten kann. Darum bin ich überzeugt, dass 2025 die Metro nochmal massiv an Relevanz und Marktanteil gewonnen haben wird.

Was würdest du aus heutiger Sicht anders machen?

Koch: Das fängt ganz vorne an, als ich 2009 als CFO zur Metro kam, hatte ich einen sehr analytischen Blick auf die Firma gehabt. Ich wusste, dass das Geschäftsmodell überfällig ist, aber ich habe dann auch mit der Zeit gemerkt: „du musst zu den Leuten“. Wir hätten da schon früher an die operativen Themen rangehen sollen. Das haben wir dann erst ab 2012 radikal verändert. Das ist das eine. Der andere Punkt, der mich schmerzt, ist, wir hatten versucht real eine echte Perspektive zu geben. Inspiration rund um Lebensmittel zu schaffen, fehlt in dem Segment der Großfläche. Wir haben versucht, daraus ein Geschäftsmodell zu bauen. Das ist mit dem Markthallenkonzept in Krefeld auch gelungen. Doch damit die wirtschaftliche Sicherheit hinzubekommen ist gescheitert, weil sich Verdi entgegen der Absprachen geweigert hat, wettbewerbsfähige Tarife für die Real-Mitarbeiter möglich zu machen. Da mussten wir später eine andere Lösung finden als die, die ich mir ursprünglich vorgestellt habe.

Auf welche drei Dinge, die du in einer Ära bewegt hast, bist du am meisten stolz?

Koch: Beim ersten fange ich an, würde es aber nicht mir selber zuschreiben, bin aber trotzdem stolz darauf. Und das ist diese Mannschaft, die wir haben. Wie sie sich entwickelt hat, welche großartigen Leute mit voller Leidenschaft wir haben, welche Kreativität, Inspiration die an den Tag legen, das ist unglaublich und daran haben wir alle gemeinsam gearbeitet und ich habe es auch zu meiner Priorität gemacht. Das zweite ist, dass wir einen Weg gefunden haben, als Kollektiv zu arbeiten. Wir waren am Anfang zu zentral und nicht nah genug am Kunden. Ich glaube der Weg dann radikal regional zu sein, hört sich zunächst einmal ganz einfach an. Das geht aber einher mit der Frage, wie steuert man das mit den Leuten im Headquarter und denen auf der Fläche. Da haben wir auch Lern-Erfahrung machen müssen, heute haben wir eine optimale Kombination und Covid-19 war der Katalysator dafür. Weil plötzlich alle zusammengearbeitet haben, alles hat ineinandergegriffen, alle haben sich nur noch darum bemüht, das Beste für unsere Kunden und unsere eigenen Leute zu machen. Wie da unter den Teams gearbeitet wurde, das war einfach nur grandios. Darum sehe ich uns auch für das, was kommt, gut gerüstet. Das dritte ist die Tatsache, dass wir zwar super Produkte haben müssen, super Formate, und so weiter. Aber dass das alleine nicht gut genug ist. Wir müssen es mit Dienstleistung und digitalen Lösungen weiter ergänzen. Und das Ziel steckt mittlerweile in unserer DNA und darüber bin ich sehr glücklich.

Was wird Olaf Koch in Zukunft machen?

Koch: Eines kann ich dir schriftlich geben. Ich werde die Leute hier vermissen. Ich muss mich dann auch wirklich daran gewöhnen, nicht mehr Teil dieser Firma zu sein, die für mich mehr war als nur ein Job. Und da werde ich mich jetzt am Anfang in einigen wenigen jüngeren Unternehmen engagieren und mir die Zeit nehmen, die ich brauche. Ich habe damals Ende August gesagt, ich habe nirgendwo anders unterschrieben. Das hat mir keiner geglaubt. Ich habe nicht einmal nach beruflichen Alternativen gesucht. Ich werde mir auf jeden Fall gut überlegen, was der nächste Schritt sein könnte und ihn dann eines Tages machen.

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