Tim Raues Restaurant-Designer verrät, wie man Restaurants gestalten soll

Vom Denkmalschutz bis zur Logistik: Wie die Firma Dittel Architekten das neue Sphere Tim Raue gestaltet hat, wie Gastronomie-Design in Zukunft aussehen wird und was wichtig bei der Gestaltung von Restaurants ist.
August 29, 2025 | Text: Miriam Pilko | Fotos: beigestellt

Das Architekturbüro Dittel Architekten steht für „ganzheitliche Architektur“. 2005 gründete Frank Dittel das Büro in Stuttgart, heute steht es für zukunftsgerichtete (Innen-)architektur. Ihr Anspruch? Räume neu denken, Bestehendes nachhaltig weiterentwickeln. Ein besonderer Fokus der Firma liegt auf Gastronomien. Das letzte Projekt von DIA war das Sphere Tim Raue im Berliner Fernsehturm. Frank Dittel über die Herausforderungen in einem derartigen Gebäude, die Zukunft der Gastronomie und die Geheimnisse von Architekten.

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Das Restaurant Sphere Tim Raue im sich um 360° drehenden Fernsehturm in Berlin | Foto: Dittel Architekten

 

Das Architekturbüro Dittel Architekten steht für „ganzheitliche Architektur“. 2005 gründete Frank Dittel das Büro in Stuttgart, heute steht es für zukunftsgerichtete (Innen-)architektur. Ihr Anspruch? Räume neu denken, Bestehendes nachhaltig weiterentwickeln. Ein besonderer Fokus der Firma liegt auf Gastronomien. Das letzte Projekt von DIA war das Sphere Tim Raue im Berliner Fernsehturm. Frank Dittel über die Herausforderungen in einem derartigen Gebäude, die Zukunft der Gastronomie und die Geheimnisse von Architekten.

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Das Restaurant Sphere Tim Raue im sich um 360° drehenden Fernsehturm in Berlin | Foto: Dittel Architekten
Wie kommt man dazu, Tim Raues neues Restaurant auszustatten?

Frank Dittel: Die Geschäftsführerin Anja ist auf uns zugekommen. Bei der Entscheidung, ob man einen Auftrag annimmt, spielt die Menschlichkeit mit rein – das hat bei uns sehr gut gepasst, wir waren auf einer Wellenlänge. Dann hat Anja als Entscheiderin bei dem Konzern in Frankreich gesagt, sie würden das gerne mit uns machen. Am Anfang haben wir noch gar nicht gewusst, dass Tim Raue mit im Boot des Fernsehturms ist – das waren eher Parallelgespräche, die Anja geführt hat.

Wie startet man (so) ein Projekt?

Frank: Als erstes haben wir recherchiert, wie der Fernsehturm früher aussah und wofür er genutzt wurde. Gerade durch den bestehenden Denkmalschutz mussten wir uns am ursprünglichen Gedanken des Turms und der Materialität orientieren. Wir haben den Charme neu interpretiert und ihn der Gegenwart angepasst. Dann tritt ein Designprozess in Gange, in dem wir uns Gedanken über alles machen: Materialität, Decken, Böden, Tische, Schränke. Alles. Es gab mehrere Abstimmungen mit dem Denkmalamt – unsere Ideen wurden positiv aufgenommen und wir konnten anfangen.

Wie lang kann man sich so einen Prozess vorstellen?

Frank: Die Planungsphase bis zum wirklichen Umbau hat etwa ein Jahr gedauert – mit allen Abstimmungen, Ämtern, Freigaben. Danach macht man den Plan und sagt dem Bauherrn, wie lange das Restaurant geschlossen werden muss. Die Umsetzung hat dann etwa fünf Monate gedauert.

Was waren die größten Herausforderungen? 

Frank: Die Logistik. Fast 200 Tische, 380 Stühle und neue Bodenbelege mussten über den Aufzug transportiert werden. Auch die Küche ist an einen anderen Ort gewandert. Dadurch, dass die Aussichtsplattform noch offen war, konnten die Handwerker eigentlich nur nachts arbeiten. Außerdem war ein Problem, dass man im Turm sehr wenig lagern kann. Die Logistik und Koordination zwischen den gesamten Gewerken war auch nicht gerade einfach: Maler, Trockenbau, Elektriker etc.

Was war die Vision?

Frank: Als wir das erste Mal vor Ort waren, hatte Anja uns gebeten, auch einmal abends im Turm zu sein. Der Wow-Effekt kam dann nachts: Wenn du da sitzt, über Berlin guckst und die ganzen Lichter siehst – das ist unglaublich. Der Turm ist nach außen etwas schräg gestellt. Dadurch kam das Problem, dass sich das verbaute Licht gespiegelt hat. Man konnte den tollen Ausblick nicht richtig wahrnehmen, weil überall diese Lichtpunkte von der Decke spiegelten. Wir wollten die Spiegeleffekte wegbekommen – und haben es geschafft: Wir haben die Lichter ganz hoch in die Decke montiert, so dass kein Lichteffekt in der Glasscheibe zu sehen ist. Ziel war es auch, dass sich die Stimmung über den Tag hinweg wandelt und dass gerade abends eine bestimmte – fast romantische – Atmosphäre entsteht. Die Flächen haben wir versucht so warm zu gestalten, dass man sich den Tag über – bei Frühstück, Kaffee oder Lunch – wohl fühlt. Und abends kommen dann das atmosphärische Highlight und dieser Wow-Effekt.

Wie viele Menschen stecken hinter so einem Projekt? 

Frank: In etwa ein Team von zehn Planern und um die 100 Handwerker. Insgesamt sind an so einem Projekt 115-120 Personen beteiligt. Das ist aber auch üblich – es war ein größeres Projekt mit vielen technischen Anforderungen.

Unterscheidet sich die Zeit der Planung durch die Herausforderungen des Turms zu anderen Designs in der Größenkategorie?

Frank: Dadurch, dass man ein Amt mit in der Abstimmung hat, dauert der Prozess prinzipiell länger. Das Amt entscheidet sich auch nicht sofort, sondern gibt dann etwa ein Monat später Bescheid, ob man die Idee umsetzen kann. Den Zeitplan für den Umbau würde man in einer Gastronomieeinheit im Erdgeschoss wahrscheinlich dramatisch beschleunigen können – allein schon durch die kürzeren Wege. Außerdem kam noch hinzu, dass der Aufzug nicht ins Erdgeschoss, sondern in den Keller fährt.

Wie vereint ihr Funktion und Design?

Frank: Wie kommt man zum Tisch? Wie macht man die Bestellung? Wie kommt die Information vom Kellner in die Küche? Diese Themen sind in so einem Prozess von Anfang an gleich mitgedacht. Auch Themen wie Stauraum beispielsweise. Diese Funktionalität wird in dem ganzen Ablauf des Designprozesses besprochen. Es muss auch geplant und bedacht werden, wie viel Personal benötigt wird. Diese ganzen Prozesse werden innerhalb des Entwurfs mit allen Beteiligten besprochen. Es gibt unendlich viele Abstimmungsrunden, um ins Finale zu kommen.

Wohin entwickelt sich das Gastrokonzept derzeit? Wie sieht die Zukunft aus?

Frank: Der Trend geht gerade sehr ins Regionale-Nationale – authentische, nachhaltige Produkte. Wir versuchen da auch individuell auf die Kunden einzugehen. Dass man das, was der Betreiber verkörpern will, in Architektursprache übersetzt. Es gibt da auch zwei verschiedene Ansätze: Wenn die Gerichte laut sind, muss auch die Architektur auffällig sein. Oder die Architektur ist eher leise, die Gerichte sollen im Vordergrund stehen.

Welche Projekte stehen als nächstes an?

Frank: Wir machen gerade im Münchner Flughafen eine relativ große Lounge – die wird nächstes Jahr eröffnet. Das Projekt schlägt auch ein bisschen in den Trend, den ich erwähnt habe: Ein bisschen bayrisch aber doch international, weil es im internationalen Terminal ist.

Gerade an einem Flughafen sind die Bedingungen doch sicher auch schwierig, oder?

Frank: Absolut! Es gibt die Landseite – das ist der Bereich, in dem man den Flughafen betritt. Und es gibt die Luftseite nach der Sicherheitszone – dort bauen wir. Das ist sicherheitstechnisch ein Albtraum – das ist nicht anders zu sagen. Alle Handwerker werden gescreent, müssen angemeldet werden, durch den Sicherheitscheck durch. Das dauert alles ewig und ist sehr aufwendig.

Vanessa Droll, Leitung Business Development & PR: Wir suchen uns nicht die leichtesten Projekte aus. Man wächst ja mit seinen Herausforderungen.

Sucht ihr absichtlich nach solchen Herausforderungen?

Frank: Ja und nein. Es ist schon spannend, sowas mal zu machen, weil es nicht alltäglich ist – sowohl der Fernsehturm, als auch am Flughafen. Das sind viele Faktoren, die man nicht kennt und womit man sich dann innerhalb des Projekts auseinandersetzen muss. Das ist schon cool! Wir freuen uns aber auch, in der Innenstadt im Erdgeschoss ein cooles Gastrokonzept zu rocken, das mit weniger Nebenparametern dasteht.

Vanessa: Wir haben aber wirklich immer Projekte, die für sich stehen. Projekte mit Strahlkraft. Die Konzepte sind nicht von der Stange – sondern immer welche, die im Design sehr individuell sind.

Gibt es Ideen, die ihr ablehnt?

Frank: Grundsätzlich hören wir uns alles an und sind sehr offen – aber es muss sinnhaft für uns und ganzheitlich gedacht sein. Wir haben auch schon ein Hotelprojekt abgesagt, weil wir gesehen haben, dass die Vision des Hoteliers nicht ganz mit uns gematcht hat –da haben wir uns nicht so richtig in seiner Vision gesehen. Dann merkt man aber auch schnell, dass es menschlich nicht so ganz klappt. Wenn man Visionen hat und das Bild auf der anderen Seite völlig anders ist, passt das einfach nicht zusammen.

Gibt es etwas, das man über eure Arbeit nicht weiß? 

Frank: Als Gast sieht man am Ende das Produkt, nicht das ganze Projekt. Die Komplexität und der enorme Planungsaufwand bleiben meist unsichtbar. Auch der koordinative Aufwand, die gesamte Planung sind im Endprodukt nicht so ersichtlich. Alles wird in der Planung eins zu eins einmal durchgedacht, damit dann alles funktioniert und auf der Baustelle koordiniert werden kann: Höhen müssen stimmen, Beleuchtungen, Tiefen – einfach alles muss vor Baubeginn durchgedacht werden.

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