Resteessen als Restaurantkonzept? Warum Zero Waste kein Trend ist
Zero Waste ist längst ein zentrales Thema in der modernen Gastronomie. Der „Keine Verschwendung“-Ansatz stellt Restaurants vor die Frage, wie sie Ressourcen wirklich nachhaltig nutzen können: Was bedeutet Zero Waste konkret im Küchenalltag, wie lässt sich Lebensmittelverschwendung effektiv reduzieren – und ist es heute nicht ohnehin Pflicht für jedes Restaurant, möglichst umweltbewusst und ressourcenschonend zu arbeiten?
Zero Waste ist längst ein zentrales Thema in der modernen Gastronomie. Der Ansatz der „Null Verschwendung“ stellt Restaurants vor die Frage, wie sie Ressourcen wirklich nachhaltig nutzen können: Was bedeutet Zero Waste konkret im Küchenalltag, wie lässt sich Lebensmittelverschwendung effektiv reduzieren – und ist es heute nicht ohnehin Pflicht für jedes Restaurant, möglichst umweltbewusst und ressourcenschonend zu arbeiten?
Mehr als Nachhaltigkeit
Heute scheint in der Gastronomie fast jedes Restaurant nachhaltig zu sein – zumindest auf dem Papier. Kaum ein Betrieb, der nicht mit regionalen Produkten wirbt, saisonal kocht oder sein Engagement für die Umwelt betont. Green Stars, eigene Kräuterbeete, Zero-Waste-Versprechen: Nachhaltigkeit ist zum Statussymbol geworden. Doch zwischen Marketing und wirklichem Wandel liegen Welten. Während manche Konzepte nur grün dekoriert sind, gibt es Restaurants und Köche, die Nachhaltigkeit nicht als Trend begreifen, sondern als kompromisslose Grundhaltung. Sie verändern Abläufe, Lieferketten, Menüentwicklung und nicht zuletzt das Denken in der gesamten Branche. Und genau dort zeigt sich, wer es wirklich ernst meint.
Resteessen als Restaurantkonzept?
Zero Waste in der Gastronomie bedeutet weit mehr als “Reste verwerten” – es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der darauf abzielt, Lebensmittelabfälle radikal zu minimieren und jedes Produkt vollständig zu nutzen.
Von Stielen, Schalen und Knochen über fermentierte Ansätze bis hin zu vermeintlichen Reststücken: Alles wird verarbeitet, neu gedacht oder in andere Gerichte integriert. Damit verbunden sind nachhaltiger Anbau, lokale Produktion und eine Beschaffung, die bewusst auf Qualität, Regionalität und Ressourcenschonung setzt.
Zero-Waste-Konzepte zeigen außerdem, wie innovative Menügestaltung und angepasste Betriebsabläufe die Branche verändern können – Restaurants, die diese Philosophie leben, prägen eine neue Wahrnehmung von Lebensmitteln und setzen Standards für verantwortungsvolles Wirtschaften.
Gleichzeitig birgt Zero Waste Herausforderungen: Es erfordert kreatives Handwerk, Flexibilität, eine durchdachte Lagerhaltung und oft ein Umdenken im gesamten Team.
Und nicht zuletzt ist die Frage, was überhaupt als „Abfall“ gilt, auch kulturell geprägt – in vielen Ländern gehören etwa Hühnerfüße oder Fischköpfe selbstverständlich zur Küche, während sie hierzulande oft entsorgt werden. Zero Waste stellt all das auf den Prüfstand – und zeigt, wie viel Potenzial in dem steckt, was wir sonst wegwerfen.
Vorbilder im Bereich Zero Waste
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um als Gastronomiebetrieb für Nachhaltigkeit und Zero Waste zu stehen und verschiedenste Schritte, die man gehen kann.

Silo, London – Pionier der Zero-Waste-Gastronomie
Das Silo in London gilt als das erste Zero-Waste-Restaurant der Welt – ein Ort, an dem Nachhaltigkeit nicht Verzicht bedeutet, sondern Kreativität und Genuss.
Küchenchef Douglas McMaster folgt einer konsequenten Nose-to-Tail- und Root-to-Leaf-Philosophie: ganze Tiere werden verarbeitet, Grundprodukte wie Hafermilch oder Butter selbst hergestellt, Getreide frisch gemahlen und Getränke im eigenen Haus fermentiert.
Auch das Interieur folgt dem Zero-Waste-Gedanken – Möbel aus recycelten Materialien, Teller aus zerstoßenen Weinflaschen und Upcycling in jedem Detail. McMasters Ziel ist klar: 98 Prozent aller Lebensmittel nutzen – und den kleinen Rest kompostieren.
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Haoma, Bangkok – Zero Waste trifft Aquaponik
Seit 2022 trägt das Haoma in Bangkok einen Michelin-Stern und den Green Star – dank eines radikal nachhaltigen Konzepts.

Küchenchef Deepanker Khosla betreibt das erste echte Zero-Waste-Restaurant der Stadt und setzt dabei auf ein beeindruckendes Aquaponik-System: Nährstoffreiches Wasser aus Fischbecken versorgt über 40 Kräuter- und Pflanzenarten, bewässert wird ausschließlich mit gesammeltem Regenwasser.
Ergänzt wird das Konzept durch einen eigenen Mini-Bauernhof mit Ziegen, Kühen und rund 700 Hühnern.
Vor dem Essen erleben Gäste das Herz des Haoma hautnah – bei einem Rundgang durch Garten und Fischbecken.

Apricity, London – Nachhaltigkeit von der Küche bis zur Inneneinrichtung
Das Apricity in London, ausgezeichnet mit einem Michelin Green Star, lebt Nachhaltigkeit in jedem Detail.
Chefköchin und Besitzerin Chantelle Nicholson setzt auf regionale, saisonale Produkte und arbeitet eng mit kleinen Lieferanten zusammen.
Ihre Gerichte verwerten Lebensmittel vollständig – von der Schale bis zum Kern.

Selbst die Einrichtung folgt diesem Ansatz: Stühle aus recycelten Coca-Cola-Flaschen, Lampen aus Kaffeesatz und Austernschalen zeigen, wie konsequent Apricity Upcycling denkt.
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Mil, Peru – Biodiversität und Zero Waste auf Augenhöhe
Mit dem Mil bringt Virgilio Martínez – bekannt aus dem Central in Lima – Biodiversität und kulturelle Identität direkt auf den Teller.
Zutaten stammen fast ausschließlich aus den Anden, viele davon werden gemeinsam mit indigenen Gemeinschaften neu erschlossen.
Das Restaurant ist zugleich Zentrum der Mater Iniciativa, wo Wissenschaftler lokale Pflanzen erforschen und dokumentieren.

Auch ein eigenes Destillationslabor gehört dazu – für Experimente mit Kräutern und Wurzeln, die nachhaltige Gastronomie weiter vorantreiben.
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Manu, Brasilien – regionale Küche und soziale Nachhaltigkeit
Manoella „Manu“ Buffara setzt in Curitiba konsequent auf regionale Produkte und enge Beziehungen zu lokalen Produzenten.
Ihr Restaurant Manu, seit 2011 geöffnet, wurde 2023 mit dem Flor de Caña Sustainable Restaurant Award ausgezeichnet.

Neben ihrer Zero-Waste-orientierten Küche engagiert sich Buffara stadtweit für Nachhaltigkeit – etwa durch Urban-Gardening-Projekte und Workshops zu Abfallvermeidung und gesunder Ernährung.
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