Wie viel flunkern ist erlaubt?

Lügen haben kurze Beine. Aber auch mit kurzen Beinen kann man ganz gut laufen - sofern man die Grenzen des Selbstmarketings nicht überschreitet.
November 13, 2015

Foto: Shutterstock, Wolfgang Hummer
das Spiel mit der Wahrheit

Das menschliche Verhältnis zur Wahrheit ist ziemlich komplex. Man könnte auch sagen, es ist heikel, oder gar das Wort „Lüge“ in den Mund nehmen. Doch „komplex“ klingt weniger bedrohlich, und mit der „Wahrheit“ fühlen wir uns wohler als mit der „Lüge“. Mit dem einfachen Austausch zweier Worte wäre also wieder mal unter Beweis gestellt, was wir uns im Leben so alles schönreden. Egal ob es sich um ein unangenehmes Thema, die Frisur der Frau Kollegin, das tägliche Arbeitspensum oder den eigenen Lebenslauf handelt – bis zu 200 Mal am Tag…

Foto: Shutterstock, Wolfgang Hummer
das Spiel mit der Wahrheit

Das menschliche Verhältnis zur Wahrheit ist ziemlich komplex. Man könnte auch sagen, es ist heikel, oder gar das Wort „Lüge“ in den Mund nehmen. Doch „komplex“ klingt weniger bedrohlich, und mit der „Wahrheit“ fühlen wir uns wohler als mit der „Lüge“. Mit dem einfachen Austausch zweier Worte wäre also wieder mal unter Beweis gestellt, was wir uns im Leben so alles schönreden. Egal ob es sich um ein unangenehmes Thema, die Frisur der Frau Kollegin, das tägliche Arbeitspensum oder den eigenen Lebenslauf handelt – bis zu 200 Mal am Tag verdreht der durchschnittliche Erdenbürger Tatsachen.

Die Motive für Lügen sind zahlreich, sie reichen von der Aufwertung der eigenen Person über den Versuch, eine Situation zu entschärfen, bis hin zu Selbstschutz oder dem Schutz anderer Personen. Letztere Form der akzeptierten Halbwahrheiten wird übrigens auch „prosoziale Lüge“ genannt, zumal das Frisieren von Wahrheiten und Weglassen von Details dazu dient, unsere Mitmenschen vor unangenehmen Situationen zu schützen. Diesen sozial akzeptierten Lügen stehen aber natürlich auch Lügen gegenüber, die aus Boshaftigkeit oder Berechnung getätigt werden. Und gerade am Arbeitsplatz können dreiste Lügen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen – das Spektrum ist groß und reicht von Vertrauensverlust bis Jobverlust.

DOs & DON’Ts beim Spiel mit der Wahrheit

3 gute und 3 böse Arten, auf den Spuren Münchhausens zu wandeln.

01 Der Kollege hält nichts von Mundhygiene oder löst mit seiner Kleiderwahl Würgereflexe aus? Behalten Sie es für sich. Hier sät die volle Wahrheit nur unnötig Zwist.

02 Sie richten am Telefon aus, dass die Kollegin im Meeting sitzt, obwohl sie theoretisch zu sprechen wäre? Geht in Ordnung. Sie wird Ihnen die Pause danken.

03 In überschaubarem Ausmaß an Formulierungen im Lebenslauf zu feilen und etwa eine kurze Arbeitslosigkeit zur „beruflichen Neuorientierung“ zu machen, ist okay.

01 Wer in seiner Vita aus einem Praktikum eine Fixanstellung macht oder jeden Urlaub als Auslandsaufenthalt verkauft, wird auffliegen – und rausfliegen.

02 Kollegen zu verleumden oder Lügen zu verbreiten, um sich einen Vorteil zu verschaffen, ist ein negatives Triple-A: asozial, anti-kollegial und absolut daneben.

03 Wer gezielt lügt, um ein Produkt besser zu verkaufen, sollte sich stets vor Augen halten, dass er damit langfristig Rufmord an sich selbst begeht.

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Ich arbeite, also lüge ich!
Die mittelmäßig positive Nachricht zuerst: Grundsätzlich wird im Arbeitsleben gelogen, dass sich die Balken biegen. Vor allem wenn es darum geht, sich durch Lügen auf der Karriereleiter nach oben zu schrauben, sind Arbeitnehmer wenig skrupellos. Eine von GfK im Jahre 2010 in Deutschland durchgeführte Umfrage ergab, dass 42,3 Prozent der Befragten eine Lüge zu Karrierezwecken durchaus vertretbar finden, wobei Männer übrigens weit weniger Probleme mit der Verzerrung der Wahrheit haben als ihre weiblichen Kollegen. Ob nun gut oder schlecht, wahr ist, dass absolute Ehrlichkeit am Arbeitsplatz in vielen Situationen nicht zwingend gefragt ist. Auch bei Bewerbungsgesprächen darf schon mal der Pinocchio in einem selbst zum Vorschein kommen. Immerhin geht es in einer Bewerbungssituation nicht darum, sich als glühender Verfechter der absoluten Wahrheit darzustellen, sondern sich von seiner besten Seite zu präsentieren.

Laut aktuellen Umfragen enthält jede dritte Bewerbungsmappe mehr oder weniger schwerwiegende Schummeleien. Wenn es um modifizierte Interessengebiete, Freizeitaktivitäten oder vorangegangene, in schöne Worte verpackte Positionen geht, ist die eigene Image-Politur noch vertretbar. Wer aber aus einem zweiwöchigen Praktikum im Ausland eine berufliche Station macht und mit einem stark frisierten Lebenslauf oder gar gefälschten Arbeitszeugnissen antritt, hat die Grenzen der Selbstvermarktung eindeutig überschritten. Karriereorientierte Dampfplauderer, die Bewerbungsunterlagen vorsätzlich und nachweisbar fälschen, könnten ganz schnell mit dem juristischen Begriff „arglistische Täuschung“ Bekanntschaft machen. Für alle Nicht-Juristen unter uns: Dieser Vorwurf zieht im Normalfall die sofortige Kündigung nach sich.

Die lieben Kollegen … lügen auch
Weit weniger dramatische Auswirkungen haben im Normalfall Lügen, die im Kollegenkreis gestreut werden. Im täglichen Umgang wird, ob man es nun wahrhaben will oder nicht, fleißig an der Wahrheit gedreht. Der Arbeitsplatz, eine Welt voller Schleimer, Aufschneider und Zicken? Ja. Aber diesen Umstand kann man auch gelassen und sich selbst bei der Nase nehmen. Denn Hand auf’s Herz: Wer plaudert schon gerne freimütig über die tatsächliche Höhe seines Gehalts („Ich bekomme genau so wenig wie du!“), das wahre Verhältnis zum Chef („Na, dem werde ich jetzt aber mal ordentlich die Meinung sagen!“) oder leugnet nicht inbrünstig das romantische Verhältnis zur neuen Kollegin („Ich bitte dich, ich bin seit zehn Jahren glücklich verheiratet!“).

Eben. Kleine Lügen erhalten die Freundschaft und ein wenig flunkern ist erlaubt, solange man damit niemandem Schaden zufügt und nicht vorsätzlich täuscht. Wie auch immer Ihre Realität am Ende des Tages aussieht, eines sollten Sie sich vor Augen halten: Eine Lüge kann auffliegen. Und wer einmal lügt (und dabei erwischt wird), dem glaubt man so schnell nicht wieder.

Christian SchweinzerVerschleiern verboten
Schristian Schweinzer, Geschäftsführer der Recruiting-Agentur Blackrock Careers, erklärt, warum man in Bewerbungen und Lebensläufen besser nicht die Fantasie spielen lässt.

Wie oft landen geschönte Bewerbungen oder gefälschte Zeugnisse auf Ihrem Tisch?
Christian Schweinzer: Mittlerweile leider ziemlich oft. Dieser Trend zu kleinen, aber auch großen und durchaus mit teilweise schweren Konsequenzen verbundenen Unwahrheiten hat zum einen mit dem Kampf um die besten Positionen zu tun, zum anderen ist es heute für Bewerber leichter denn je, etwa Zeugnisse zu fälschen.

Warum?
Schweinzer: Bewerbungsunterlagen werden vorwiegend elektronisch eingereicht und sind damit leichter zu manipulieren. Aber ich würde das keinem Bewerber raten, denn erstens sind Referenzen viel wichtiger als Zeugnisse und für Personalverantwortliche gilt heute mehr denn je: Vetrauen ist gut, Kontrolle ist Pflicht. Wir überprüfen 99 Prozent aller eingereichten Berwerbungen und fragen bei den angeführten Betrieben nach, ob die Angaben korrekt sind. Wenn jemand bewusst täuscht, finden wir das sehr schnell heraus.

Ehrlich währt also immer noch am längsten?
Schweinzer: Ja, definitiv. In einer guten Bewerbung findet sich eine ehrliche Auflistung aller relevanter Tätigkeiten und idealerweise eine Liste von Referenzpersonen. Deren Urteil ist aussagekräftiger als ein Zeugnis.

www.blackrockcareers.com

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