Attila Hildmann – Explosiver Veganer oder unterschätzter Ernährungs-Guru?

Er polarisiert und ist schonungslos ehrlich: Genau deshalb lieben ihn seine Fans. Wenn es ums Essen geht, kann's in Attila Hildmanns Nähe auch mal ungemütlich werden. Der pragmatische Autor und Koch über Provokation, Authentizität und warum man als Fleischfresser Tiere selber töten müsste …
Januar 3, 2018 | Fotos: Attila Hildmann

Attila Hildmann ist nicht nur „eingefleischten“ Veganern ein Begriff: Den Berliner (Gemüse-)Koch kennt man aus den Medien: In den Buchhandlungen sind seine beiden Diät-Schinken (Vegan for Fun; Vegan for Fit) heiß begehrt und im Fernsehen mischt der 36-Jährige immer wieder TV-Shows wie „Let’s Dance“ und „Schlag den Star“ auf. Erst kürzlich eröffnete der Koch ein veganes Lokal in Berlin, wo er seine Gäste zu einer gesünderen Ernährung ermutigen will.
Doch mit dem friedvollen Lebensstil seiner Artgenossen hat Hildmann wenig am Hut – er sagt was er denkt und spricht damit vieles aus, was anderen schon lange auf der Zunge liegt. Was bei seinen Fans mit Jubel erwidert wird, stößt bei anderen wiederum auf Empörung, denn Hildmann kommt nicht überall gut an. Das beweist erst kürzlich ein Stinkbombenangriff vor seinem Lokal in Berlin – in der deutschen Hauptstadt reiben sich viele an seiner provokanten Art. Und auch die öffentliche Auseinandersetzung mit einer

Attila Hildmann ist nicht nur „eingefleischten“ Veganern ein Begriff: Den Berliner (Gemüse-)Koch kennt man aus den Medien: In den Buchhandlungen sind seine beiden Diät-Schinken (Vegan for Fun; Vegan for Fit) heiß begehrt und im Fernsehen mischt der 36-Jährige immer wieder TV-Shows wie „Let’s Dance“ und „Schlag den Star“ auf. Erst kürzlich eröffnete der Koch ein veganes Lokal in Berlin, wo er seine Gäste zu einer gesünderen Ernährung ermutigen will.
Doch mit dem friedvollen Lebensstil seiner Artgenossen hat Hildmann wenig am Hut – er sagt was er denkt und spricht damit vieles aus, was anderen schon lange auf der Zunge liegt. Was bei seinen Fans mit Jubel erwidert wird, stößt bei anderen wiederum auf Empörung, denn Hildmann kommt nicht überall gut an. Das beweist erst kürzlich ein Stinkbombenangriff vor seinem Lokal in Berlin – in der deutschen Hauptstadt reiben sich viele an seiner provokanten Art. Und auch die öffentliche Auseinandersetzung mit einer Tagesspiegel-Redakteurin und das damit einhergehende Schusswaffen-Foto in einem Sozialen Netzwerk zeigen Hildmanns explosives Temperament. Kurze Info am Rande: Dank Foto-Aktion heimst sich der selbsternannte „friedvolle Blumenveganer“ eine Strafanzeige ein.

„Was aktuell mit Tieren passiert, ist in diesem Maßstab an Perversion nicht mehr zu überbieten!“

Auf die Frage, ob er provoziert um die Aufmerksamkeit der „Fleischfresser“ zu gewinnen, antwortet der Koch: „Mittlerweile ist Provokation mit Sicherheit eine Option, die Leute aufzurütteln. Mit meinem Tun habe ich bereits viele zum Umdenken animiert. Es ist eben schlimm, wenn man überlegt, was mit den Tieren passiert und man möchte – egal mit welchen Aktionen – darauf aufmerksam machen. Ich will aber auch die Vorteile der veganen Ernährung in den Vordergrund stellen, immerhin hab‘ ich vor meinen provokanten Aktionen 1,6 Millionen Bücher verkauft.“

Attila Hildmann

Grünfläche in Berlin

Hildmanns Snackbar in Berlin boomt – auch unter Nicht-Veganern. Was für Hildmann dennoch zählt: „Veganismus ist für mich keine Religion.“ Vielmehr will der Restaurantbesitzer seine Zielgruppe, die er schlicht und einfach „der Mensch“ nennt, in kleinen Schritten zur Ernährungsänderung führen.

„Die Veganer waren nie meine Zielgruppe.“

Dass man nicht nach der absoluten Perfektion im veganen Lifestyle suchen muss, betont der türkische Koch immer wieder: „Das ist mir zu abgespaced! Das ist nicht das was ich lebe. Ich versuche gute Alternativen zu bieten und die Leute zu inspirieren. Ich verzichte auf nichts, nur weil es von mir gefordert wird.“ Spielt Hildmann mit dieser Aussage auf das heikle Thema Leder an? Denn dass der Restaurantbesitzer sich einen Porsche mit Ledersitzen zugelegt hat, stößt vielen sauer auf. Hildmann dazu: „Ich möchte Menschen dazu animieren ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern und nicht dazu, die perfekten Veganer zu sein! Die Veganer waren nie meine Zielgruppe. Es gibt doch keine Gebote, die besagen dass du nur vegane Burger essen darfst, wenn du alles im Leben richtig machst! Ich will nicht darauf hinweisen, dass ich alles richtig mache. Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass wir Tieren etwas antun, was nicht nötig ist. Was aktuell mit Tieren passiert, ist in diesem Maßstab an Perversion nicht mehr zu überbieten!“

„Was erwarten sie von mir? Muss ich nackt im Wald leben um glaubhaft zu sein?“

Als er konkret auf sein Auto angesprochen wird, kontert Hildmann: „Ich finde es lächerlich, dass es nach all dem was ich bis jetzt an Gutem getan habe, noch immer um das Auto geht! Ich fahre den vegansten Serienporsche den es gibt. Der besteht aus 70 % Kunstleder. Was erwarten sie von mir? Muss ich nackt im Wald leben um glaubhaft zu sein? Wenn jemand seinen fetten SUV vor Aldi fährt und da sein Massentierhaltungsschnitzel kauft, ist das egal. Warum wird auf die Leute geschaut, die versuchen etwas Positives zu bewirken und nicht auf die, die auf alles scheißen?“

Vegan, dem Tier zuliebe

„Noch in hundert Jahren werden sich die Leute die Kotztüte reichen, wenn sie über unsere Zeit sprechen.“

Beim Thema Tiere fängt Hildmann schnell Feuer. Das haben bereits einige Berliner Journalisten live miterlebt. Der 36-Jährige zeigte jenen nämlich mit Messer und lebendiger Ziege bewaffnet mehr als deutlich, wo Fleisch wirklich herkommt. Auf die Frage, ob man als Fleischesser auch wirklich dazu im Stande sein muss, ein Tier zu töten, verneint Hildmann: „Ich fordere das nicht, nur finde ich, wenn man Fleisch essen möchte, dann müsste man das Tier eigentlich auch selber töten können. Es geht darum, dass man den Menschen aufzeigt, was ein Stück Fleisch mal war. Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, was er in sich reinstopft. Dem gegenüber steht natürlich eine riesige Fleischlobby, die sicherlich kein Interesse daran hat, die Menschen in jener Hinsicht aufzuklären. Die Aktion mit den Journalisten zeigt, dass wir in einer Welt potenzieller Veganer leben. Ein Tier zu töten scheint die meisten abzuschrecken, aber wenn sie es nicht töten können, warum lassen sie diese Arbeit andere Leute machen?“

„Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, was er in sich reinstopft.“

Hildmann steht auf Bio, das ist nicht zu übersehen. Die Frage, ob er biologische Tierhaltung unterstützen würde, beantwortet er ohne lange nachzudenken: „Unterstützen werd ich das auf keinen Fall! Natürlich ist es für Tiere im Endeffekt besser, wenn sie artgerecht gehalten werden. Was ist korrekt? Korrekt wäre dem Tier seine Freiheiten zu lassen und es nicht zum Produzenten von Milch, Fleisch oder Eiern zu degradieren. Wir haben diese Sichtweise bei Haustieren nicht: Nur weil eine Kuh eine Kuh ist, ist es völlig ok sie aufzuziehen und anschließend zu sagen „Pass mal auf, ich hab Hunger. Jetzt muss ich dir die Kehle durchschneiden.“ Ich finde, dass das letzten Endes zeigt, dass wir eine komplett schräge Sichtweise haben. Sonst würden wir uns ja nicht aufregen, wenn in China Katzen gegessen werden. In meinen Augen ist ein Tier ein Tier, egal ob’s jetzt aussieht wie eine Kuh oder eine Katze. Keiner hat Lust darauf, nett behandelt zu werden und dann am Ende kommt das Schlachtermesser.“
Attila Hildmann vegane Rezepte

Die Schritt-für-Schritt-Ernährung

Anders als viele Ernährung-Gurus ist Attila Hildmann kein Fan der radikalen Ernährungsumstellung, sondern unterstützt die Änderung, die sich Schritt-für-Schritt durch den Alltag zieht. „Ich begrüße es, wenn Leute kleine Schritte machen, wie zum Beispiel anfangs nur einmal in der Woche vegan zu essen. Ich will die Leute nicht animieren ihr ganzes Leben zu ändern! Das ist Veganismus den ich nicht möchte, weil er die Leute einengt. Ich versuche Schritte in die richtige Richtung zu gehen, aber nur weil man tierversuchsfreie Kosmetik kauft, heißt das nicht, dass man auch in anderen Bereichen auf einen veganen Lebensstil achten muss. Ich finde es super, wenn man einen Tag in der Woche vegan kocht, wenn es dann dazu führt, dass man bald nicht mehr nur einen, sondern schließlich zwei oder drei Tage vegan kocht oder komplett vegan wird. Die vegane Ernährungsbewegung ist auf alle Fälle nicht aufzuhalten. Es muss ja keine Schwarz-Weiß-Lösung sein! Man muss sehen, dass es Graubereiche gibt, wo man sich vom Konstrukt „Veganismus“ nicht einengen lassen darf und nicht deshalb etwas macht, weil es so im Drehbuch steht.“

Hildmann und die Kritiker

Hildmann pulsiert auch im Netz: Zu niveauloser Kritik in Sozialen Netzwerken äußert sich der polarisierende Koch gelassen: „Warum sollte ich solchen Leuten Beachtung schenken? Was ein No-Name auf Facebook schreibt hat für mich keine Relevanz. Ich habe 1,6 Millionen Leser und eine riesige Fangemeinde, die meine Bio-Produkte liebt. Es wird immer Leute geben, die sich an mir stoßen, egal ob ich viele oder wenige Bücher verkauft habe oder ob ich im Fernsehen bin oder nicht. Es wird immer Leute geben, die sich auf das Negative konzentrieren und denen sollte man nicht zu viel Beachtung schenken. Gerade im Internet!“

„Die vegane Ernährungsbewegung ist auf alle Fälle nicht aufzuhalten.“

Immer wieder steht auch die vegane Ernährung von Kindern im Kreuzfeuer der Kritik. Nicht zuletzt ist durch die Hollywood’sche Glitzerwelt die Frage aufgekommen, ob Veganismus bei Kindern gesund sei. Während einige Eltern sich vor Gericht für ihre Ernährung rechtfertigen sollen, stellt Hildmann die Gegenfrage: „Ist es gesund ein Kind mit Fast Food vollzustopfen? Man empfiehlt Kindern Obst und Gemüse und wenn sie es essen fragt man sich, ob das gesund ist. Viele wissen ja nicht mal mehr wie eine Aubergine aussieht.“

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