Kick it like Marco Franzelin

Jeder Vorstoß ein Volltreffer: Marco Franzelin ist der Toni Kroos der Sommellerie. Seit seinem Transfer von Joachim Wisslers Vendôme ins Schloss Schauenstein trumpft der Norddeutsche aber nicht nur als Chef-Sommelier, sondern auch als Gastgeber auf.
Dezember 9, 2021 | Text: Stephanie Fuchs | Fotos: Julia Losbichler, Helge O.Sommer

Dieser Tage einen Termin bei Marco Franzelin zu bekommen? Schwierig. Die Rolle des Gastgebers, die der Chef-Sommelier in Andreas Caminadas Schloss Schauenstein seit 2019 gemeinsam mit Ehefrau Anna-Lena Junge ebenfalls bekleidet, füllt er nämlich gerade quasi im Alleingang aus. In Kürze wird ein Mini-Franzelin das Licht der Welt erblicken. „Alles ganz schön turbulent momentan!“, schnauft Franzelin freudig-aufgeregt.

Marco Franzelin
Genie of the bottle: Mit zarten 34 Lenzen spielt Marco Franzelin längst schon in der europäischen Sommellerie-Championsleague. Aktuell bei Andreas Caminada in der Schweiz.

Dieser Tage einen Termin bei Marco Franzelin zu bekommen? Schwierig. Die Rolle des Gastgebers, die der Chef-Sommelier in Andreas Caminadas Schloss Schauenstein seit 2019 gemeinsam mit Ehefrau Anna-Lena Junge ebenfalls bekleidet, füllt er nämlich gerade quasi im Alleingang aus. In Kürze wird ein Mini-Franzelin das Licht der Welt erblicken. „Alles ganz schön turbulent momentan!“, schnauft Franzelin freudig-aufgeregt.

Marco Franzelin
Genie of the bottle: Mit zarten 34 Lenzen spielt Marco Franzelin längst schon in der europäischen Sommellerie-Championsleague. Aktuell bei Andreas Caminada in der Schweiz.

Gerne würde man mit ihm jetzt noch ein bisschen über die freudige Aufgeregtheit eines werdenden Vaters plaudern, aber gleich beginnt der Abendservice und bis dahin wollen ein paar drängende Fragen beantwortet werden. Zum Beispiel die, wie sich die Welt für den Spitzensommelier Marco Franzelin seit seinem Wechsel in die Schweiz verändert hat. „Ich war ja mein ganzes Leben lang ‚nur‘ Sommelier, und als Sommelier bis du immer dein eigenes Team“, sagt er. „Im Schloss bin ich jetzt aber auch Gastgeber, und um ein guter Gastgeber zu sein, muss du ein guter Teamleader sein, Mitarbeiter richtig einsetzen, ihre Stärken und Schwächen ausloten.“

Es ist eine Rolle, in die er erst habe hineinwachsen müssen, betont Franzelin. Weil es nämlich gar nicht so einfach ist, beim Reden mit den Leuten zusammenzukommen, wenn im Team verschiedenste Nationalitäten und Mentalitäten vertreten sind, und die englische Sprache nur eine von mehreren Möglichkeiten zur Verständigung darstellt – auch mit den Gästen, übrigens. Mittlerweile ist Franzelin in Französisch und Italienisch aber fit genug, um mit allen Bezugsgruppen professionell zu parlieren. Womit wir bei seiner Ur-Berufung, der perfekt gematchten Weinausschank, wären.

„Ich bin in der glücklichen Situation, dass unsere Gäste ein großes Grundvertrauen haben. Da können die Pairings auch mal mutig sein.“
Marco Franzelin über die Vorzüge des Sommelier-Daseins im Schloss Schauenstein

Immer schön Balance halten

Im Schloss Schauenstein bedeutet Weinbegleitung à la Franzelin: Nicht vergessen, wo man sich gerade aufhält („Wir haben immer mindestens einen Bündner in der Weinbegleitung“), aber die ganze Breite spielen („Ein Pinot Noir aus der Region hat halt nicht immer die Markanz, die es braucht“), Reizpunkte setzen („Zu den leichten Gerichten können maischevergorene Weißweine, beispielsweise von Vino Gross aus Slowenien, schon verdammt gut gehen“), ohne den Bogen zu überspannen („Mit einem Chablis kannst du die Leute auch ohne Krawall überraschen und gibst ihnen außerdem die Möglichkeit, sich zu entspannen“).

Marco Franzelin
Fußball, Football, Eishockey? Am besten alles davon. Marco Franzelins Sportpassion ist fast so ausgeprägt wie seine Passion für Wein, und drückt sich unter anderem in seiner mittlerweile schon als legendär geltenden Sporttrikotsammlung aus.

Die Freiheit, es in der Weinbegleitung auch mal gewagter anzugehen, möchte Franzelin aber nicht mehr missen. „Das ist einer der großen Vorteile der Arbeit in einem Dreisterne-Restaurant“, sagt er. „Die Leute, die zu uns kommen, haben ein großes Grundvertrauen. Das macht das Mutigsein leichter. Aber es ist ein schmaler Grat.“ Franzelin verortet die Sommellerie streckenweise aktuell an einem ähnlichen Punkt, an dem die Küche vor zehn Jahren stand: Möglichst viel von dem zeigen, was möglich ist, und darüber vergessen, ob der Gast das, was ihm da serviert wird, noch verstehen kann. „Der Grundgedanke, dem Gast eine Freude zu machen, sollte aber nie verloren gehen“, ist Franzelin überzeugt.

But first Profilbildung

Apropos Überzeugung: Inwieweit spielen persönliche Präferenzen eine Rolle in Marco Franzelins Arbeit als Sommelier? „Was ich selbst nicht gerne trinke, steht auch nicht auf der Karte“, antwortet er. „Ich bin zum Beispiel ein riesiger Fan von südsteirischem Sauvignon Blanc, vor allem dem, den Armin Tement in die Flasche bringt. Und ich habe eine große Leidenschaft für die Neue Welt. Viele meiner engsten Freunde und Kollegen können damit überhaupt nichts anfangen, aber ich find Übersee-Weine extrem spannend.“

Da das nun auch geklärt wäre, kommen wir zum Schluss noch einmal auf das Thema Nachwuchs zu sprechen. Sommellerie- und Service-Nachwuchs, wohlgemerkt. Tips? „Wissen ist Macht! Weil in Zeiten, in denen jeder zweite Gast die Vivino-App auf seinem Telefon installiert hat, kommt man mit Halbwissen nicht mehr weiter. Und sich möglichst viel anschauen, auch mal Fehler machen und sich ein Profil erarbeiten.“ Halleluja.

www.schauenstein.ch

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MARCO FRANZELIN. Nach seiner Ausbildung zum Koch/Kellner bei Heinz Hanner in Mayerling zog es den 34-jährigen gebürtigen Norddeutschen – seinem damaligen Restaurantleiter Gerhard Retter sei Dank – ins Weinfach. Nach Stationen im Restaurant Haerlin und bei Joachim Wissler in dessen Restaurant Vendôme wechselte der Gault Millau-Sommelier des Jahres 2017 vor zwei Jahren zu Küchenchef Andreas Caminada ins dreifach michelinbesternte Schloss Schauenstein in Graubünden, wo er Chef-Sommelier und Gastgeber in Personalunion ist.

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