Heinz Kaiser: Pharmazeut und Barchef

Heinz Kaiser führt wohl eines der verrücktesten Doppelleben der Gastro-Welt: Er ist Pharmazeut und Barchef in Personalunion. Das Ergebnis ist eine Mischung, die seine „Dino’s Apothecary Bar“ zu einem Ort in Wien macht, an dem Medizin keine Nebenwirkungen hat.
März 2, 2023 | Text: Claudio Honsal | Fotos: Julia Losbichler, Martin Hochmeister,

Er ist eine Legende der Wiener Barkultur. Selbst bezeichnet er sich als „stressresistent, strebsam und ein wenig egoistisch“. Und, Heinz Kaiser führt seit Anbeginn ein Doppelleben — zumindest professionell: nachts mixt er als renommierter Barkeeper und Besitzer der „Dino’s Apothecary Bar“ seine Signature Drinks. Tagsüber plagt ihn momentan die Medikamentenknappheit in der Apotheke. Magister Kaiser ist nämlich auch promovierter Pharmazeut. Genetisch bedingt: „Unsere Familien-Apotheke in Drosendorf an der Thaya besteht seit 1895 und da meine Geschwister nicht in die elterlichen Fußstapfen treten wollten, war es für mich klar, Pharmazie zu studieren.“

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Apotheker, Barkeeper und jetzt auch Spirituosen-Entwickler: Heinz Kaiser hat stets das richtige Rezept bei der Hand

Zwar hatte der Waldviertler aus einer jugendlichen Laune heraus auch an ein Schauspielstudium am Max-Reinhardt-Seminar gedacht, aber dann doch an der Universität Wien inskribiert. „Zeitgleich nahm ich damals einen Job bei Do&Co in der Mahlerstraße an. Dabei habe ich im wahrsten Sinne Gastro-Blut geleckt!“ In seiner Diplomarbeit widmete er sich schließlich in Bolivien dem Thema „Heilpflanzen und Kräuter der Anden“.

Er ist eine Legende der Wiener Barkultur. Selbst bezeichnet er sich als „stressresistent, strebsam und ein wenig egoistisch“. Und, Heinz Kaiser führt seit Anbeginn ein Doppelleben — zumindest professionell: nachts mixt er als renommierter Barkeeper und Besitzer der „Dino’s Apothecary Bar“ seine Signature Drinks. Tagsüber plagt ihn momentan die Medikamentenknappheit in der Apotheke. Magister Kaiser ist nämlich auch promovierter Pharmazeut. Genetisch bedingt: „Unsere Familien-Apotheke in Drosendorf an der Thaya besteht seit 1895 und da meine Geschwister nicht in die elterlichen Fußstapfen treten wollten, war es für mich klar, Pharmazie zu studieren.“

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Apotheker, Barkeeper und jetzt auch Spirituosen-Entwickler: Heinz Kaiser hat stets das richtige Rezept bei der Hand

Zwar hatte der Waldviertler aus einer jugendlichen Laune heraus auch an ein Schauspielstudium am Max-Reinhardt-Seminar gedacht, aber dann doch an der Universität Wien inskribiert. „Zeitgleich nahm ich damals einen Job bei Do&Co in der Mahlerstraße an. Dabei habe ich im wahrsten Sinne Gastro-Blut geleckt!“ In seiner Diplomarbeit widmete er sich schließlich in Bolivien dem Thema „Heilpflanzen und Kräuter der Anden“.

Der Anfang eines ungewöhnlichen beruflichen Doppellebens. Überraschungen inklusive: „Ich musste feststellen, dass die Familien-Apotheke verschuldet war, also hieß es: Geld verdienen! Da ich aber meine große Passion, die Gastronomie, ohnehin nicht verlassen wollte, ließ ich mich auf 40 Tag- und 40 Nachtstunden an zwei Arbeitsplätzen, die beide Vollstress bedeuten, ein.“

Von Mikrobiologie und Sozialen Medien

Während der Apotheker sein Studium nach festgelegten Lehrplänen und Skripten absolvieren musste, konnte er als Barkeeper frei nach seinen Vorstellungen agieren. Denn Vorbilder hatte Kaiser nie – „learning by doing“ lautete stets sein oberstes Gebot. „Vielleicht bin ich ja ein Selbstdarsteller und Egomane, aber ich habe von Anfang an versucht, aus den Fehlern berühmter Barkeeper zu lernen.

Was in der Bar völlig egal ist, kann in der Apotheke tödliche Folgen haben.
Heinz Kaiser ist Barkeeper und Apotheker in Personalunion

Und, ich habe all meinen Kollegen stets über die Schulter geschaut.“ Gelegenheiten dafür hatte Kaiser schon vor seiner Bar-­Eigentümerschaft ausreichend. Schließlich hatte er sein Studium mit Bar-Jobs in der „GiG Bar“ am Wörthersee, dem „Barflys“, der „Sky Bar“ in Wien und eben auch in der „Dino’s American Bar“ finanziert. Und, die ­neuerdings so hippen molekularbiologischen Mixtechniken mit Rotavaporen, Zentrifugen und ähnlichen Hightech-Geräten kannte er so oder so aus dem Apothekenalltag. Und so amüsiert es ihn bis heute, dass sie in der Barwelt so großen Anklang finden.

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Der Skinny Colada: Havana Club Anejo Rum, hausgemachter Ananassirup, Limette, Roasted Coconut Water

Denn: „Man kann als Bartender fast alle Endergebnisse auch ohne diesen Aufwand erzielen“, so der studierte Wissenschaftler. Aber: Das wäre dann nicht so lässig, nicht so spektakulär. Vor allem die sozialen Medien hätten diesen Hype getriggert, meint er. Was aber nicht heißt, dass er sich als 57-jähriger Bar-Hase der jungen, hippen Social-Media-Welt entziehen möchte. „Die Bar-Szene hat sich im Laufe der Jahrzehnte um 180 Grad geändert.

Auf Instagram oder YouTube kann sich heute zwar jeder selbst vom normalen Barkeeper zum gefeierten Rockstar küren, doch eines muss ich sagen: Das Niveau leidet nicht darunter. Es ist eine professionelle Challenge, die ins Unendliche explodiert. Man muss up to date sein, denn Stillstand bedeutet auch deshalb so sicher wie noch nie zuvor auch in unserer Branche den Tod!“

Coronatests statt Signature Drinks

Endgültig zusammengeführt hat der „Pharma-Keeper“ seine beiden Welten allerdings erst vor gut zwei Jahren in der Corona-Pandemie. Mit der provokanten Meldung „Es reicht! Wir sperren wieder auf!“ sorgte Kaiser 2021 ausgerechnet während der Lockdowns über eben diese sozialen Medien für Aufsehen – und Shitstorm. Sein Geistesblitz: Warum nicht die „Dino’s Bar“ kurzerhand in eine Covid-Teststation umwidmen?

Gesagt. Genehmigt. Getan.

Für zwei Monate pilgerten Stammgäste und Testwillige zum Salzgries 19 und ließen sich in wohliger Bar-Atmosphäre das Stäbchen in Nase und Rachen stecken. „Ein Megaerfolg, die Leute waren begeistert von der außergewöhnlichen Idee und die Medien kamen sogar aus dem Ausland, um darüber zu berichten. Meine Bar war in aller Munde. Das hat mir infolge sehr geholfen.“  Schöner Zufall: Zwei seiner angestammten Barkeeper hatten die berufliche Befähigung, Covid-Abstriche durchzuführen.

Eine Win-Win-Situation! Zumindest bis die konkurrenzierende Apothekerschaft – man ist fast versucht zu sagen „in typisch österreichischer Manier“ – ihr Veto einlegte. Und die „Apothecary“ wieder zur ganz normalen und vor allem geschlossenen Bar avancieren musste …

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Heinz Kaiser mit seinem erfolgreichen Team bei der Rolling Pin Award-Verleihung als „Best Bar 2022“

Hochdekoriertes Hideaway

„Ich sehe die Bar als Hideaway, in dem die Sorgen und die Alltagswelt draußen bleiben sollen. Eine Wohlfühloase, ein Wohnzimmer ganz ohne Fenster, wo man entspannen kann – zumindest für kurze Zeit“, umschreibt Kaiser die grundsätzliche Philosophie seiner Bar. Inzwischen hat er seine Apothekerlizenz verpachtet, besucht den Betrieb nur noch als fachlicher Leiter. „Seriöser“ gibt er sich dort. Also seriöser als in seiner „Apothecary“, mit der er einen Preis nach dem anderen abräumt.

Die Welt braucht zwar keinen weiteren Gin oder Rum, aber es macht mir eben Spaß!
Heinz Kaiser ist plötzlich Spirituosen-Entwickler

So wurde „Dino’s  Apothecary American Bar“ 2022 mit dem Rolling Pin Award als „Best Bar“ ausgezeichnet. Eine Ehrung, die den Besitzer besonders freut: „Ein Fachjury-Award ist schon etwas ganz Spezielles. Der Preis gebührt aber vor allem meinem tollen Team und darum erscheinen wir auch immer nur im Sechserpack!“ Seine pharmazeutischen Formeln für extravagante Drinks hat er längst in für alle verständliche Rezepturen für die 130 Signature Drinks und 400 verschiedenen Cocktails umgeschrieben. Ein ewig währender Prozess, wie es scheint. Denn Dino’s Karte wächst täglich weiter.

Tafelspitz-Cocktail und eigene Spirituosen

Und da kommen teilweise durchaus spannende Mixturen ins Glas, bei denen man über etwaige Nebenwirkungen gar nicht nachdenken möchte. Denn mit seinem Know-how aus der Molekularbiologie bringt Kaiser beispielsweise Roquefort-Käse und Wodka gemeinsam ins Glas oder interpretiert den klassischen Wiener Tafelspitz für den „Hangar 7“ in Getränkeform und serviert nicht nur mürbes Fleisch, sondern auch gleich Schnittlauchsauce und Apfelkren auf Rumbasis als extravagante Mischung.

Auch das „beste“ Toastbrot für den begehrten „Dino’s Schinken-Käse-Toast“  backt der dreifache Vater und passionierte Skiläufer übrigens höchstselbst und für weitere ausgefallene Geschmacksexplosionen engagiert er sich seit Kurzem auch noch selbst als Spirituosenproduzent. „Ich weiß, die Welt braucht zwar keinen weiteren Gin oder Rum, aber ich mache das aus Spaß an der Freude.“

Ein lukratives Geschäft erwartet sich der Neo-Destilleur von „Dino’s Rum Blend“, „Dino’s London Dry Gin“ und demnächst „Dino’s Tonic Water“ deshalb auch gar nicht. „Echter Verdienst beginnt da erst ab 50.000 verkauften Einheiten. Das wird in meinem Fall also eher ein Service für meine Kunden sein. Und eine Art Hobby, weil mich das Experimentieren einfach nicht loslässt.“ Augenzwinkernder Nachsatz: „Es ist also vielleicht die logische Weiterentwicklung des Pharmazeuten, der eine Bar übernommen hat …“

 

Mag. Pharm. Heinz Kaiser

wuchs in Drosendorf an der Thaya auf. Das Studium der Pharmazie in Wien beendet er 1996 und übernimmt die Familien-Apotheke im Waldviertel. Nebenbei jobt er stets in der Gastronomie – etwa für Do&Co, Barflys oder Sky Bar und seit 1996 mit Unterbrechungen in „Dino’s American Bar“, die er 2019 übernimmt. Im Zweitberuf ist er jedoch weiter als Apotheker tätig. 2021 bringt er beide Berufe unter einen Hut und eröffnet in seiner Bar eine Covid-Teststation. 2022 wird er mit dem Rolling Pin Award als „Best Bar“ ausgezeichnet.

www.dinosapothecarybar.com

 

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