Die Erfinderinnen der Tarte Tatin
Seit über hundert Jahren liegt der betörende Duft karamellisierter Äpfel über der kleinen französischen Gemeinde Lamotte-Beuvron. Hier, im Herzen des Ortes – genauer gesagt in der Küche des historischen „Hôtel Tatin“ –, nahm ein Gericht seinen Anfang, das längst Kultstatus erreicht hat.
Das Gästehaus aus dem 19. Jahrhundert trägt heute den Namen Maison Tatin, benannt nach den beiden Schwestern Caroline und Stéphanie Tatin.
Seit über hundert Jahren liegt der betörende Duft karamellisierter Äpfel über der kleinen französischen Gemeinde Lamotte-Beuvron. Hier, im Herzen des Ortes – genauer gesagt in der Küche des historischen „Hôtel Tatin“ –, nahm ein Gericht seinen Anfang, das längst Kultstatus erreicht hat.
Das Gästehaus aus dem 19. Jahrhundert trägt heute den Namen Maison Tatin, benannt nach den beiden Schwestern Caroline und Stéphanie Tatin.
Und berühmt ist es vor allem für eines: als Geburtsstätte der legendären Tarte Tatin. Doch diese ist weit mehr als ein einfaches Dessert – sie ist das köstliche Ergebnis eines Küchenfehlers, der zu einer Ikone der französischen Patisserie wurde. Wie also konnte aus einem Missgeschick ein nationales Kulturgut entstehen?

Glück im Unglück
Pflaumen, Rhabarber, Birnen – die heutige Tarte Tatin gibt es in den unterschiedlichsten Formen und Geschmacksrichtungen. Das ursprüngliche Rezept jedoch besteht aus Äpfeln, die in dünne Scheiben geschnitten und anschließend mit Butter und Zucker karamellisiert werden.
Der eigentliche Clou: Die Apfelspalten werden am Boden der Form geschichtet und anschließend vollständig mit Teig bedeckt. Nach dem Backen wird die heiße Tarte auf einen Teller gestürzt – und liegt somit verkehrt herum. Oder wieder richtig herum, je nachdem, was man in diesem Fall als richtig interpretiert.
Verantwortlich für diese ungewöhnliche Art des Backens sind der Legende nach eben besagte Schwestern Tatin, die Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam das „Hôtel Tatin“ von ihrem Vater übernahmen.
Die Aufgabenverteilung war damals klar geregelt: Caroline, die jüngere der beiden, war für die Küche verantwortlich, während sich Stéphanie um die Gäste kümmerte. Besonders die Lage ihres Etablissements war damals ein Vorteil, denn direkt an der Bahnstrecke kamen häufig Jäger oder Reisende vorbei – und ihre Hausmannskost war im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde.
Vom Provinzgericht zum Welterfolg
Eines Tages, so erzählt man es, war Stéphanie im Stress: Sie wollte für die Jäger aus der Umgebung einen klassischen Apfelkuchen zubereiten, vergaß jedoch, den Teig zuerst in die Form zu legen. Um das Malheur zu retten, legte sie kurzerhand den Teig über die bereits karamellisierten Äpfel, anstatt darunter. Anschließend schob sie das Ganze einfach in den Ofen.
Nach dem Backen stürzte sie die Tarte auf den Teller – und heraus kam ein wunderbar duftender, glänzender Kuchen mit knusprigem Boden und saftigem Karamell. Die Gäste waren begeistert – und die „Tarte des Demoiselles Tatin“ (Torte der Fräuleins Tatin) war geboren.
Später machte der berühmte Pariser Restaurateur Maxim’s das Dessert in der Hauptstadt bekannt, wo es schnell Kultstatus erlangte. Seitdem gilt die Tarte Tatin als Symbol französischer Raffinesse: einfach, elegant – und einem Rezept namens Zufall entsprungen.
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Caroline und Stéphanie Tatin Geboren 1838 und 1847, machten sich die Schwestern Tatin in ihrem Hotel in Lamotte-Beuvron rasch einen Namen. Mit ihrer traditionellen, aber raffinierten Landküche sorgten sie damals für Aufsehen und fanden sogar Erwähnung in der ersten Ausgabe des Guide Michelin. Ihre süße Spezialität, die Tarte Tatin, ist bis heute nicht nur ein Wahrzeichen der Region Sologne, sondern auch ein Symbol französischer Patisseriekunst,
das die Kulinarik des Landes geprägt hat.