Der Duft globaler Topware

Truffleboy, Springbock & Co.: Gastronomen suchen gezielt nach Lieferanten, die zu den sich selbst gesteckten Qualitätsstandards passen. Die internationalen Produktfreaks im Check.
Juli 20, 2017 | Text: Georg Hoffelner | Fotos: Kristin Gladney, www.danielsilvaimages.com, Shutterstock, The Chocolate Line, Wolfgang Hummer, Anastasia Cole Plakias, www.brooklyngrangefarm.com

All jene, die in den letzten Jahren einmal das Vergnügen hatten, in einem der unzähligen New Yorker Fine-Dine-Tempel zu schmausen, die bekamen bestimmt etwas auf den Teller, was ein gewisser Ian Purkayastha besorgt hat. Wer das ist? Purkayastha ist ein 24 Jahre junger Food-Dealer, der die namhaftesten Big-Apple-Chefs mit feinstem Stoff versorgt.

Egal ob seltene Gewürze, exotische Seeigel, drei Monate alte Spanferkel oder exklusive Trüffel: Ian Purkayastha beliefert mittlerweile 90 Prozent aller Sternerestaurants des Big Apple und weitere 200 Chefs in den USA. Wenn der smarte Händler wie ein Dealer die besten Adressen der Stadt abklappert, dann macht er das mit Vans ohne Werbebanner oder sonstige Reklame. Die Gefahr wäre zu groß, dass Kontrahenten ihm die Reifen aufstechen.
Der Duft von Trüffeln
Das Pflaster New York ist beinhart. Nicht nur in den Küchen, sondern vor allem auch im

All jene, die in den letzten Jahren einmal das Vergnügen hatten, in einem der unzähligen New Yorker Fine-Dine-Tempel zu schmausen, die bekamen bestimmt etwas auf den Teller, was ein gewisser Ian Purkayastha besorgt hat. Wer das ist? Purkayastha ist ein 24 Jahre junger Food-Dealer, der die namhaftesten Big-Apple-Chefs mit feinstem Stoff versorgt.

Egal ob seltene Gewürze, exotische Seeigel, drei Monate alte Spanferkel oder exklusive Trüffel: Ian Purkayastha beliefert mittlerweile 90 Prozent aller Sternerestaurants des Big Apple und weitere 200 Chefs in den USA. Wenn der smarte Händler wie ein Dealer die besten Adressen der Stadt abklappert, dann macht er das mit Vans ohne Werbebanner oder sonstige Reklame. Die Gefahr wäre zu groß, dass Kontrahenten ihm die Reifen aufstechen.
Der Duft von Trüffeln
Das Pflaster New York ist beinhart. Nicht nur in den Küchen, sondern vor allem auch im Lieferantenbusiness. Generell wird weltweit der Druck auf die Branche immer größer. Die Gastronomie soll konsequent ihre Gäste in einem hohen Maß verwöhnen und sie mit neuen Kreationen und Produkten überraschen. Damit dieses Vorhaben gelingt, müssen Gastronomen stetig auf der Suche nach Neuem sein. Im Fokus des Wandels steht dabei noch immer das Thema regionale Produkte.

Mit der Devise „Zurück zum Ursprung“ versuchen sich nach wie vor zahlreiche Leitbetriebe, am Markt zu etablieren. Neben dem Aufbau einer verstärkt persönlichen Beziehung zu ihren Lieferanten und Produzenten probieren viele Gastronomen, diese nachhaltige Ausrichtung zu ihrem USP zu machen und somit Gäste zu überzeugen und zu gewinnen. Der Kunde ist König. Das ist, was diese Marktpioniere in ihrem jeweiligen Unternehmensleitgedanken verbindet: das Wissen über die zentrale Rolle des Käufers.

Der Kunde bestimmt den Markt. Denn der Gourmetgastronom sucht gezielt nach Lieferanten, die zu ihm passen, in sein Konzept und zu den sich selbst gesteckten Qualitätsstandards. Verantwortung zu tragen, sich mit Verlässlichkeit auszuzeichnen und mit Qualitätsbewusstsein zu überzeugen, das bestimmt den Alltag eines jeden Marktlieferanten. Das wertvollste Gut: die persönliche Beziehung zum Kunden. Die gilt bei diesen etablierten Premiummärkten als Erfolgsfaktor.

Das ist auch der Trumpf von Food-Dealern wie Ian Purkayastha. Egal ob Jean- Georges Vongerichten, David Chang, Sean Brock oder David Bouley: Sie alle schwören auf die Expertise des jungen Entrepreneurs. So schwärmt etwa Momofuku-Mastermind David Chang: „Purkayastha ist wie ein Luxus-Food-Google, nur mit Lunge und schwarzem Wuschelkopf. Egal welche Frage ich ihm je gestellt habe, er hatte immer eine Antwort für mich!“ Der neue frische Wind, den der geschickte Food-Dealer in die City pustete, überzeugte die Chefs und kaum einer will heute mehr ohne seine Dienste auskommen.

Real Urban Farming

Und bleiben wir gleich bei frischem Wind im Big Apple, nämlich Urban Farming, aber in echt! Brooklyn Grange ist seit 2010 das weltgrößte Urban-Farm-Projekt auf einem Dach. Mitten in Brooklyn wurde die Dach­terrasse eines früheren Armeegebäudes zu einem Acker in der Größe eines Fußballfelds – inklusive Hühnern, Yogaklassen und Panoramablick auf die Skyline von Manhattan.

Urbaner Gemüseanbau ist in den hochentwickelten Küstenregionen der Vereinigten Staaten längst eine Zukunftsbranche, in die echtes Geld investiert wird. Schließlich wird an Orten wie diesen das Bedürfnis des umweltbewussten und bewusstseinshedonistisch veranlagten Großstadtmenschen befriedigt, über die Entstehung seiner Lebensmittel Bescheid zu wissen und sich am gemeinsamen Arbeiten ebenso zu erfreuen wie am Genuss der frisch aus der Erde gezogenen Produkte.

Im Sommer erlebt man die Dachfarm naturgemäß in ihrer schönsten Pracht, mannshohe Sonnenblumen, Staudenreihen voll Paradeiser, Zucchini, Gurken, Melanzani, das neue Superfood Grünkohl, aber auch Kornblumen, Mangold, Karotten, dazwischen immer wieder blühender Klee.

Im Hühnerstall, ganz im Schatten eines Lüftungsschachtes, scharren Hühner und beglücken die Dachbauern täglich mit frischen Eiern. Die besten Restaurants und Küchenchefs sind mittlerweile auf Wartelisten, um vom ungewöhnlichen City-Acker ihre gewünschten Produkte zu bekommen.

Aromatische Bakterienklumpen

Ebenfalls ungewöhnlich wie auch spektakulär arbeitet Südamerikas Ausnahmekoch Virgilio Martínez. Er hat 2013 die Initiative „Mater Iniciativa“ gegründet. Dieses Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, Geschichten von unbekannten Produkten aus dem Hinterland Perus zu sammeln und dieses Wissen dann mit den peruanischen Gastronomen und der Öffentlichkeit zu teilen.
Martínez hat also das Ruder in die eigene Hand genommen und Leute gefunden, die ihn nun mit Preziosen wie Llullucha beliefern. Das sind grüne, feuchte Bakterienklumpen, eine essbare Sorte Cyanobakterien – eine der ältesten heute noch existierenden Lebensformen. Vor etwa zweieinhalb Milliarden Jahren begannen Cyanobakterien mit der Fotosynthese und brachten damit überhaupt erst größere Mengen Sauerstoff in die Erdatmosphäre.

Sieht man sich die Dinger genau an, erinnern die Schleimkugeln an Kaviar. Südamerika ist generell ein spannender Boden für ungewöhnliche Lieferanten. Nehmen wir etwa das bekannteste Gericht von Brasiliens Superstar Alex Atala. Na ja, eigentlich ist es kein Gericht, sondern eine wertvolle Ware: Saúva-Ameisen, von Hand gesammelt von der legendären Doña Brazi, die dem Volk der Baré angehört.
Atala serviert sie oft mit einem kleinen Stück Ananas oder streut sie über eine Meringue. Vor Doña Brazi brachten nur wenige Leute Essen aus dem Regenwald in die urbanen Gemeinschaften. Die anderen Köche und Markthändler in São Gabriel da Cachoeira verkaufen, was Brazi als weißes Essen bezeichnet: Hähnchen, Hamburger, frittierten Fisch und Pommes.

Obwohl 90 Prozent der Bevölkerung der Gegend indigenen Völkern angehören, wurde es als kontrovers angesehen, dass sie heimisches Essen förderte. Mehr als 70 Prozent der tierischen Biomasse im Amazonasbecken sollen Ameisen sein. Aber nicht alle sind gleich. Klar, es gibt noch weitere essbare Arten wie die milde, knusprige Maniwara, aber die richtige Delikatesse ist die Saúva. In Doña Brazi fand Atala eine Lehrerin, aber auch jemanden, den er zu einer Verteidigerin der indigenen Kultur formen konnte: eine leidenschaftliche Geschäftsfrau mit eisernem Willen.

Produktparadies Russland

Eisernen Willen beweist seit einigen Jahren auch Russlands derzeitiger Koch-Wunderwuzzi Vladimir Mukhin. Er geht auf kulinarische Expeditionen durch ganz Russland, spürt lokale, weithin unbekannte Produkte und Rezepte auf, kombiniert ursprüngliche mit modernsten Kochtechniken und vereint Zutaten auf möglichst unkonventionelle Art und Weise.
Doch nicht nur er setzt auf regionale Produzenten: Auch Präsident Wladimir Putin fördert das wachsende Interesse an lokalen Lebensmitteln und russischer Küche, aus wirtschaftlichen Überlegungen – und weil er sich bewusst ist, wie viel Identität sich mit einer eigenen Esskultur stiften lässt.

Deshalb finden sich unter den vielen neuen Lebensmittelproduzenten in Russland durchaus viele Patrioten und Putin-Anhänger. Bei der Käsemacherin Natalia Schumakowa ist der Zusammenhang relativ offensichtlich. Die Logopädin zog vor zehn Jahren mit ihrem Mann in das 120 Kilometer südlich von Moskau gelegene Dorf Polenowo.
Vor einem Jahr begann sie, Käse herzustellen, ihre zehn Milchkühe stehen in einem Stall im Garten, neben der Sauna befindet sich die Minikäserei und ihre Produkte sind unter Moskaus Foodies der Renner. Ganz in der Nähe hat sich Sofia Schatrowa ihren eigenen Traum vom Landleben erfüllt.

Die ehemalige Investmentbankerin baut rund um ihre Datscha seit einem Jahr Grünkohl an und beliefert damit die Moskauer Spitzenrestaurants und die Bio-Kooperative LavkaLavka, über die auch Natalia Schumakowa ihren Cheddar, Mozzarella und Halloumi vertreibt. Die Initiatoren der Kooperative waren die Ersten, die systematisch mit Bauern und lokalen Lebensmittelproduzenten arbeiteten. Und so schöpfen Russlands Spitzenköche wie Mukhin derzeit von immer neueren und besseren Produktangebot, denn Russland ist groß und die Möglichkeiten schier unendlich.

Genau so klingen auch die Signature Dishes im White Rabbit: Absolute Höhepunkte sind etwa die fein gesalzene Forelle in Preiselbeere mit Gurkentatar und Sauerampfer, das Beef Stroganoff von der Thomas-Schnecke mit gebackener Pastinake und herzhaften Crisps aus der Schwarte eines Hängebauchschweins oder die abchasischen Kakifrüchte mit einer cremigen Mousse aus Schafkäse und einer hauchdünnen Scheibe Pastırma.

Genuss am Stock

Welchen Aufwand hingegen Produzenten in anderen, abgelegeneren Regionen betreiben, um fantastische Aromen auf den Teller zu bringen, demonstrieren die Fischer auf den Lofoten. Stockfisch – auf Norwegisch „tørrfisk“ – ist geköpfter und luftgetrockneter Fisch. Oft verwenden die Norweger Kabeljau, aber auch Schellfisch und Seelachs. Trockenfisch wird auf den Lofoten produziert, aber auch in den Provinzen Troms und Finnmark.

Er ist wertvoll, ein Kilo entspricht dem von fünf Kilo Frischfisch. Von Januar bis April gehen die Fischer in den nur Norwegern geöffneten nordnorwegischen Gewässern mit Langleine und Netzen auf die Jagd. Sie töten den Fisch auf dem Boot, lassen das Blut ab und nehmen ihn aus. Halten sie diese Reihenfolge ein, bleibt das Fleisch weiß.
Den Kopf trennen sie sauber ab, damit die Körperflüssigkeit gut abläuft, sonst versauert der Fisch. Dann waschen sie ihn in Meerwasser. An Land binden Arbeiter die Fische in Paaren und nach Größe geordnet an den Schwänzen zusammen und hängen sie auf Holzgerüste. Jeder Fisch hängt für sich, ohne andere zu berühren, da er sonst feucht und somit fleckig wird.

Nordwind durchlüftet den Bauch, die im Süden stehende Sonne färbt den Rücken golden. So trocknet er von Februar bis Ende April, in milden Wintern wird er im Januar aufgehängt. Die Ernte des nun brettharten Stockfischs findet auf den Lofoten Mitte Juni statt. Aril Fløtten ist der „Trockenfischtester“ von Henningsvær.
Drei Monate lang – von August bis Oktober – steckt er seine Nase tief in jeden einzelnen Dörrfisch hinein und entscheidet über zwölf Qualitätsstufen. Nur die besten landen danach bei den norwegischen Spitzenköchen, die aufgrund des aromatischen Fischfleisches kaum auf Gewürze zurückgreifen müssen.

Gewürzinsel

Ganz anders wiederum läuft es diesbezüglich in der Karibik ab. Nirgends sind exotische Gewürze so Teil der Kultur wie in Grenada. Das weiß auch der aus Barbados stammende Spitzenchef Paul Carmichael, der in Sydney mit seinem Momofuku Seiobo international für Furore sorgt. Karibische Küche ist bekanntermaßen extrem gewürzlastig, neben einheimischen Gewürzen wie Piment und Langem Koriander spielen vor allem die auf Grenada kultivierte Muskatnuss und Ingwer eine große Rolle.

Als zweitgrößter Exporteur der Welt für Muskatnüsse gilt Grenada als die Gewürzinsel der Karibik. Wer sich aber weitläufige Plantagen mit Monokulturen erwartet, ist fehl am Platz. „Einige der Farmen sind kaum größer als 1000 Quadratmeter“, erklärt Carmichael die Vorzüge der Gewürze der Insel. Rund 1,7 Euro zahlt die Genossenschaft den Bauern pro Kilo.

Das beschert denen zwar keinen Reichtum, aber einen durchaus paradiesischen Lebensstil. „Touristen wundern sich oft, warum viele Leute schon am späten Vormittag vor den Rum-Buden sitzen“, schmunzelt der Momofuku-Seiobo-Mastermind. „Die Farmer stehen schon um drei Uhr früh auf, pflücken ein paar Kilo Nüsse und tragen sie zur Genossenschaft. Mit dem Geld, das sie bekommen, lassen sie es sich gut gehen, dann schlüpfen sie wieder recht früh ins Bett.“

Nirgendwo auf der Welt gibt es bessere Bedingungen, um Gewürze wachsen zu lassen, Zimtbäume sprießen überhaupt von selbst, wie Unkraut. Nur bei welchen Produzenten Carmichael selbst für seine gefeierte Küche einkauft, verrät er nicht: „Alleine im Muskat- und Piment-Segment gibt es solche Unterschiede, dass ich meine Lieferanten besser nicht verrate“, zeigt sich der sympathische Küchenchef geheimnisvoll.

Neues Superfood?

Apropos geheimnisvoll: War in den letzten Jahren Kale das unumgängliche Superfood, könnte es bald von Seegras den Rang abgelaufen bekommen. Zumindest sind sich Asiens Top-Chefs darüber ziemlich einig. Akhilesh Singh, Executive Chef vom The St Regis, Lower Parel, schwärmt: „Seegras hat kaum Kalorien und ist reicher an Vitmain C als beispielsweise Orangen.“
Das haben nun auch Farmer in der Südhälfte Indonesiens kapiert. Die Erträge aus der Landwirtschaft sind hier aufgrund längerer Trockenzeit spärlich. Deswegen haben einige Bauern vor drei Jahren mit dem Anbau von Seegras begonnen. Sie tüfteln permanent an unterschiedlichen Anbaumethoden.

Nach der Aussat kann man bereits nach zwei Wochen die ersten Unterschiede zu konventionellen Methoden sehen: Das Seegras ist schneller und kräftiger gewachsen. Nach der Ernte des Seegrases wird es unter Ausschluss von Luft getrocknet. Gute Qualität zeichnet sich durch eine helle Farbe aus und Asiens Top-Chefs sind sich sicher: Der Seegrasanbau ist die Zukunft. Für den Anbau braucht man weder Dünger noch Pestizide. So entstehen keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt und Gäste können reinen Gewissens genießen.

Abenteuerlustiger Schokobär

Da kann ein visionärer Belgier nur zustimmen: Dominique Persoone ist unter allen Schokoholics der ultimative Papst, dem für seine Kreationen nur beste Qualitäten gut genug sind. Nicht nur, dass der smarte Belgier eine eigene Kakao-Plantage in Mexiko sein Eigen nennt, nein: Für seine Schoko-Wunderwerke reist Persoone permanent rund um die Welt, um stets die besten Produkte ausfindig zu machen.
Und so stieß er im italienischen Piemont auf die wohl leidenschaftlichsten Haselnussbauern der Welt. Hier gibt es optimale Voraussetzungen in Form einer bestens an die Landschaft angepassten Sorte, nämlich „La Tonda Gentile“, die „Edle Runde“. Ähnlich wie die Nebbiolo-Rebe bei Barolo und Barbaresco übersetzt auch sie die bergige Landschaft zwischen Alpen und Mittelmeer in von jahrhundertelanger Erfahrung geprägte Geschmackserlebnisse.

Was dann folgte, war klar: Längst gibt es Markenschutz und ein Consorzio von Produzenten und Verarbeitern rund um diese Nocciola del Piemonte. Doch wie Wein und Reben erfordern die Nüsse gleichermaßen besondere menschliche Hingabe, um ihr ganzes Potenzial zum Ausdruck zu bringen.
Im Gegensatz zu Produzenten, die die Großkonzerne dieser Welt beliefern, ist es den Bauern vor Ort wichtig, dass die Sträucher nicht zu dicht stehen. Erst ab jeweils 30 Quadratmetern pro Pflanze bekommen sie rundherum genug Sonne, damit die Früchte gut ausreifen können. Geernet wird im August, wenn die frischen Nüsse von selbst auf den dafür säuberlichst gekehrten Boden fallen, insgesamt etwa zehn Kilogramm pro Strauch. Und erstaunlich, aber wahr: Nur drei von zehn Kilogramm Rohware erachten die sorgfältigen Bauern als gut genug, um sie Visionären wie Dominique Persoone anzubieten.

Der springende Punkt

Ein grandioses Angebot bietet sich auch in Südafrika genialen Köchen wie etwa Adriaan Maree, dem Head Chef im Roots in Johannesburg. Neben dem aalartigen Bodenfisch Kingklip liefern ihm innovative Lieferanten auch seltene Ware wie Springbock. Springbock kommt ausschließlich im Süden Afrikas vor und bevorzugt trockene Halbwüstengebiete wie beispielsweise die Karoo oder die Kalahari.
Es sind echte Herdentiere und sie ernähren sich von Gräsern und Blättern. Sie benötigen nur sehr wenig Trinkwasser zum Überleben. Das Fleisch hat eine schöne, frischrote Farbe und ist sehr feinfasrig. Da der Springbock einen sehr aromatischen Mix aus Gräsern und Blättern zu sich nimmt, ist auch sein Fleisch besonders fein im Geschmack. „Es war lange Zeit schwierig, konstant gute Qualität zu bekommen“, schildert Maree seine lange Suche nach dem perfekten Lieferanten. „Aber in den letzten Jahren hat sich auch hier in Südafrika einiges getan und wir Spitzenköche haben uns die Produzenten quasi erzogen!“
Davon kann auch US-Ausnahmekoch Thomas Keller ein Lied singen: „Es gibt bei uns in Kalifornien natürlich exzellentes Angebot, aber bei Produkten wie dem Kalifornischen Taschenkrebs haben wir lange Zeit suchen müssen, bis wir einen Fischhändler gefunden haben, der uns auch über einen längeren Zeitraum mit den notwendigen Mengen in der perfekten Qualität versorgen konnte.“

Nation der Produktfreaks

Dass in Japan die Uhren anders ticken, ist hinlänglich bekannt und dass in puncto Produktfetischismus der Inselnation niemand den Rang ablaufen kann, verwundert auch kaum jemanden mehr. Weltbekannt ist das Kobe-Rind, das dreimal länger bis zur Schlachtung lebt als ein Rind hierzulande und das von seinen Züchtern liebevoll mit Sake massiert wird.
Letzteres gehört natürlich ins Reich der Fantasie, aber die fein marmorierte Struktur seines Fleisches und die gute Zusammensetzung der Fettsäuren sind genauso Realität wie der sagenhafte Preis von 800 Euro pro Kilogramm. Beeindruckende Preise werden auch für Obst aufgerufen.

Erntehelfer in Australien und Neuseeland wissen, die allerbesten, größten und saftigsten Früchte müssen sorgfältig geerntet und dann verpackt wie zerbrechliches Porzellan nach Japan verschickt werden. Dort wird die Ware dann tatsächlich wie beim Juwelier dargeboten, mit gepolsterten Packungen und Schleifchen.

Eine einzelne Melone wechselt für 80 Euro und mehr den Besitzer. König unter den Produktverrückten in Nippon ist aber zweifelsohne Jiro Ono. Eine Sushibar im Keller eines Tokioter Bürohochhauses: zehn Plätze, schlichte Ausstattung, keine Toilette – drei Sterne im Guide Michelin. Seit Jahrzehnten steht hier der 91-jährige Jiro Ono hinter der Theke und bereitet ausschließlich die berühmten Fischhappen auf Reisklumpen zu. Wobei Klumpen beinahe ein Schimpfwort ist.

Top-Chefs wie Redzepi nennen Onos Kreationen liebevoll Reiswolken und kein Wunder: Jiro Ono hat auch einen eigenen Reisbauern namens Hiromichi, der ausschließlich nach seinen Vorgaben anbaut und nur ihn beliefert. Auf die Frage, ob er auch andere beliefern würde, kann er nur lachen: „Ehrlich gesagt ist kein anderer würdig, mit dieser Qualität zu arbeiten!“ Was den Fisch betrifft, macht Jiro auch keine Kompromisse.
Jeden Tag fährt Sohn Yoshikazu mit dem Fahrrad zum Tsukiji-Fischmarkt, um nur beste Ware von vertrauenswürdigen Händlern einzukaufen, die häufig auf eine einzige Fischart spezialisiert sind. Sogar das Verhalten der Tiere wird beurteilt, etwa ob ein Oktopus noch kräftig und entschlossen genug ist, sich vor seinem Käufer zur Wehr zu setzen. Ein resignierter Oktopus kommt bei Jiro nicht in die Tüte.

Oma-Kuh

Und vom Sushi-Opa nun hin zu den Oma-Rindern. Txogitxu (ausgesprochen „Tschotschitschu“) ist eine hierzulande nach wie vor recht unbekannte Gourmetfleischspezialität aus dem spanischen Baskenland, die man nur bei einigen ausgewählten Anbietern bekommt. Das Luxusfleisch hat ein herrlich fein marmoriertes, mindestens sechs Wochen am Knochen gereiftes Fleisch, umgeben von einer dicken, gelblichen Fettschicht.

Es ist gutes Fleisch, von Milchkühen, die ein langes Leben mit viel Bewegung in Freiheit hatten. Glückliche Tiere von kleinen Bauernhöfen, die auf Hochlandweiden gegrast und acht bis zehn Mal gekalbt haben. Nur im Winter müssen sie in den Stall. Hinter dem Label Txogitxu steckt eine baskische Großmetzgerei, gegründet von Imanol Jaca.

Sein Betrieb hieß bereits Txogitxu, als sich – bis auf ein paar baskische Bauern – noch kein Mensch für das Fleisch der fetten alten Kuh interessierte. Im Baskenland hat es Tradition, Kühe lange Zeit am Leben zu lassen. Die Auflagen sind jedoch streng: Es müssen Kühe sein, die mindestens 16 Jahre auf einer Hochlandweide standen und somit Fleisch von höchster Qualität garantieren. Wer also fette alte Kuh kauft, bekommt genau das.

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