TRETTL on Tour – Zwei echte Typen in Berlin

Die Pekingente in Kreuzberg ist komplett Abgefahren. Der Koch? Noch viel mehr. Tim Raue ist pures Küchen-Dynamit und ich habe Lunte gerochen.
November 13, 2015

Erlebt von Roland Trettl und aufgezeichnet von Katharina Wolschner; Fotos: Wolfgang Stahr, Red Bull Hangar-7, Dirk Mathesius Fotos/Red Bull Content Pool, Detlef Mathesius, Helge Kirchberger, Shutterstock
TRETTL on Tour - Zwei echte Typen in Berlin

Den Kolibri als Markenzeichen – hätte ich ihm nicht zugetraut. Dem Böser-Bube-Image von Tim Raue entspricht das jedenfalls nicht. Liegt aber daran, dass der Wrangelkiez-Junge mit prügelnder Vergangenheit bereits seit Jahren die Benchmark in Sachen asiatische Küche ist und das einzig Schlagkräftige an ihm mittlerweile seine verbalen und kulinarischen Argumente sind. Und die knallen. In seinem Restaurant Tim Raue in der Rudi-Dutschke-Straße 26, zwischen Checkpoint Charlie und der taz, treffe ich auf Japan, China und Thailand ohne den gefürchteten Asia-Kitsch an den Wänden und auch nicht auf ein rein avantgardistisches Kochprinzip, das man ansonsten hinter einer europäischen Variante der asiatischen Küche vermuten könnte. Es ist eher eine Art Contemporary Chinese Fine Dining mit japanischer Produktinspiration.

Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der außen so hart ist und innen doch einen so weichen Kern hat.
Roland Trettl, Executive Chef Hangar-7

Raues Philosophie ist strukturiert, überraschend klar und…

Erlebt von Roland Trettl und aufgezeichnet von Katharina Wolschner; Fotos: Wolfgang Stahr, Red Bull Hangar-7, Dirk Mathesius Fotos/Red Bull Content Pool, Detlef Mathesius, Helge Kirchberger, Shutterstock
TRETTL on Tour - Zwei echte Typen in Berlin

Den Kolibri als Markenzeichen – hätte ich ihm nicht zugetraut. Dem Böser-Bube-Image von Tim Raue entspricht das jedenfalls nicht. Liegt aber daran, dass der Wrangelkiez-Junge mit prügelnder Vergangenheit bereits seit Jahren die Benchmark in Sachen asiatische Küche ist und das einzig Schlagkräftige an ihm mittlerweile seine verbalen und kulinarischen Argumente sind. Und die knallen. In seinem Restaurant Tim Raue in der Rudi-Dutschke-Straße 26, zwischen Checkpoint Charlie und der taz, treffe ich auf Japan, China und Thailand ohne den gefürchteten Asia-Kitsch an den Wänden und auch nicht auf ein rein avantgardistisches Kochprinzip, das man ansonsten hinter einer europäischen Variante der asiatischen Küche vermuten könnte. Es ist eher eine Art Contemporary Chinese Fine Dining mit japanischer Produktinspiration.

Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der außen so hart ist und innen doch einen so weichen Kern hat.
Roland Trettl, Executive Chef Hangar-7

Raues Philosophie ist strukturiert, überraschend klar und geprägt von einem Spiel zwischen Süße und Säure. Genau das, was Tims Persönlichkeit widerspiegelt. Noch nie habe ich jemanden getroffen, der nach außen einen so harten Kern und innen ein so emotionales und fühlendes Herz hat. Und das legt er auch in seine Gerichte. Die Peking-Ente „Interpretation Tim Raue“ wird von ihm auf drei Tellern präsentiert und ist dennoch im Ganzen greifbar. Primär oxidativ in der Grundzubereitung wird das cremig-röstige Aroma des Gerichts aus der Challans-Ente von Ingwer und Lauch unterstrichen. Innereien, Zunge, Herz und Magen verarbeitet Tim zu einem Sud, die Terrine und Mousse von der Leber und die knusprige Haut kommen extra.

Tims Ente ist signifikant für seinen Stil: Der Fokus liegt auf einem Produkt, dem er dann in seiner Ganzheitlichkeit mit wenigen anderen Aromen zuspielt. Nie wird übertrieben oder eine Komponente zu aufdringlich. Was sich auch im Interieur in dem 2010 eröffneten Restaurant des ehemaligen Enfant terrible Berlins zeigt: unprätentiöse, schlichte Tische, an der Wand ein „Italienisches Stillleben“, das ein Gebirge aus Müllsäcken zeigt und untrüglich auf Tims Kappe geht. Er macht eben noch immer, was er will, und nicht das, was die Leute erwarten. Was mich wieder zu dem Kolibri bringt: Der steht für Kreativität, Einzigartigkeit und Freiheit. Wenn das mal nicht passt…

Tim Raue

Starchef Know-How
von Tim Raue

Jeden Monat verraten die Starchefs von Hangar-7-Executive-Chef Roland Trettl ihr Lieblingsprodukt. Für Tim Raue sind das Abalone. Da Muss man hinhören!

phpwTRVGfHast du aber große Ohren …

Ähnlichkeiten mit dem menschlichen Ohr gaben der Abalone ihren deutschen Namen: Seeohr. In unseren Breitengraden ist sie mittlerweile auch verbreiteter – vor allem in Zuchtbecken. Denn obwohl im europäischen Atlantik beheimatet, genoss das Seeohr bis vor einigen Jahren nur in Asien kulinarischen Stellenwert. Als Luxus-Speiseschnecke aus dem pazifischen Ozean wird in Extremfällen für den „Trüffel der Meere“ bis zu 700 Euro pro Stück bezahlt. Sehr gute Qualität bekommt man aber auch bereits ab 10 Euro das Stück.

…und leckere Füßchen!

Weiß und wertvoll! Das ist der große Fuß der Abalone, die mit etwa acht Zentimeter Größe, was einem Alter von drei Jahren entspricht, Verkaufsreife hat. Was daraus gekocht wird, ist grundverschieden: In China trocknet man den Fuß und glaubt an die aphrodisierende Wirkung, in Japan hingegen wird der Fuß in hauchdünne Scheiben geschnitten und roh mariniert. Und weil sie innen hübsch ist, werden auch Ketten aus ihr gemacht.

Da springt der Buddha im Kreis

Der Berliner Sternekoch arbeitet für sein Gericht „Abalone und Buddha jumps over the wall” mit Midori-Abalonen aus Japan. Die Suppe ist ein traditionell chinesisches Gericht mit Haifischflosse und Schwimmblase vom Barsch, die einen reichhaltigen Sud ergibt. Tim Raue interpretiert dies mit den Abalonen, indem er jeweils ein Kilogramm Huhn, Kalb, Schweinbauch und chinesisches Gemüse mit sechs Liter Wasser und Zitronenblättern simmern lässt. In diesem Sud werden die Abalonen für 30 Minuten mitgegart. Im Gegensatz zum klassischen Gericht werden hier die Einlagen und nicht nur der Sud serviert.

Züchtiges Schneckerl

Durch Fangquoten und bedrohten Wildwuchs werden heute weltweit Abalones in Aquakulturen gezogen, vor allem in Japan, Kalifornien, Mexiko, Südafrika und Chile. Die besten Abalones sind jedoch die Wildfänge aus Südafrika. Generell wird die Art Haliotis tuberculata, die sich von Rotalgen der Gattung Palmaria Palmata ernährt, gezüchtet. Aufgezogen werden die feinaromigen Schnecken in Indoor-High-Tech-Becken, auf Kunststoffplatten oder einfachen Steinwällen im Meer.

„Für meine Küche sind Abalones extrem passend, da sie in Asien als eines der Signature-Produkte schlechthin gelten.“
Tim Raue | Sternekoch im Restaurant Tim Raue | www.tim-raue.com

Ryan Clift

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Ryan Clift, Singapur

Im März hat Roland Trettl im Hangar-7 Ryan Clift zu Gast.
Schaut wild aus, kocht wild und hat dann doch ein konservatives Ziel: die Leute zu unterhalten. Seine Show mit ihren mehrgängigen kulinarischen Akten kann man im kommenden Monat im Restaurant Ikarus beklatschen.

www.hangar-7.com

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